E-Paper

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Wortherkunft: E-Paper ist die Abkürzung für engl. electronic paper, eine Wortbildung analog zu E-Mail oder E-Book.

Definition:
Der Begriff beschreibt (1) digitale Techniken für die Anzeige von Printprodukten, (2) die elektronische Ausgabe eines Printmediums, die online verbreitet wird.

(1) Elektronisches Papier soll ein Leseerlebnis wie beim bedruckten Papier liefern. Wie von E-Book-Readern bekannt, leuchtet der Bildschirm nicht selbst, sondern reflektiert das Licht. Das Display besteht aus einer so genannten Frontplane, der vorderen Ebene des Geräts, und einer Backplane, der inneren Technik. Die Frontplane enthält die für den Anwender sichtbaren Bildpunkte (Pixel). Schwarze und weiße Pigmentkugeln, die „elektronische Tinte“, werden durch elektrische Ladung gesteuert. Spezielle Lesegeräte sind notwendig. Bislang (Stand 2017) gibt es dafür noch keinen einheitlichen Standard.

(2) Elektronische Zeitungen oder Zeitschriften benötigen weder Druck noch Pressevertrieb. Sie werden sofort nach Fertigstellung, meist bereits am Vorabend des Erscheinens des Printprodukts, in unterschiedlichen Formaten online bereitgestellt. Für das Abonnement der elektronischen Ausgabe fallen in der Regel Gebühren an. Hinzukommen kann der Aufwand für die Übertragung (Volumengebühren, Flatrate, Geschwindigkeitsbegrenzung).

Geschichte:
Elektronische Zeitungen oder Zeitschriften bildeten zunächst möglichst genau das Printprodukt ab. In der Anfangsphase des Internets, als Plattformen wie Compuserve oder AOL geschlossene Angebote bereitstellten, experimentierten die ersten Anbieter dort mit kostenpflichtigen elektronischen Zeitungen. Bereits lange vor Erfindung des World Wide Web war 1980 die US-amerikanische Tageszeitung The Columbus Dispatch über Compuserve verfügbar. Die Online-Nutzung kostete fünf US-Dollar pro Stunde zusätzlich zur Nutzungsgebühr des Online-Dienstes. Sie erreichte knapp 3000 Leser.

Mit der Verbreitung des WWW und erschwinglicher Internet-Zugänge stellten Zeitungen und Zeitschriften einen Teil, das gesamte Angebot oder auch das Archiv im Web kostenfrei zur Verfügung. Nach dem Zusammenbruch der New Economy Anfang 2000 und der beginnenden Zeitungskrise suchten die Verlage nach Bezahllösungen: zuerst durch kostenpflichtige Inhalte, den Paid Content, ab den 2010er Jahren in der so genannten Bezahlschranke. Sie wird auch → Paywall genannt und trennt kostenpflichtige von frei verfügbaren Inhalten eines Anbieters.

Mit dem sprunghaften Anstieg der Verbreitung mobiler Endgeräte nahm parallel die Bedeutung klassischer E-Paper ab und die Nutzung von mobilen Inhalten zu. Produziert wird heute meist nach dem XML-Standard, der die Ausgabe unterschiedlicher digitaler Formate, online wie print, erlaubt.

Gegenwärtiger Zustand:
Heute stellen Verlage ihren Abonnenten die Printausgaben von Zeitungen und Zeitschriften kostenpflichtig als mobile Anwendung, als PDF-Datei sowie in weiteren Formaten zur Verfügung. Zum Teil ist die digitale Nutzung im Abonnement der Printausgabe enthalten, zum Teil können die Ausgaben separat abonniert werden. Vor allem Zeitschriften nutzen das Angebot von Plattformen wie Issuu.com oder Yumpu.com, die ein Online-Blättern in der Printausgabe erlauben und damit das Look-and-feel von Printprodukten nachbilden.

Bezüglich der Technik elektronischer Zeitungen mangelt es an einer einheitlichen Lösung analog zum E-Book, die den Lesern erlaubt, auf einer Plattform die journalistischen Inhalte diverser Anbieter zu einem akzeptablen Preis aktuell und individuell zusammen zu stellen. Am Zeitungsmarkt konnte sich bislang keins der Lesegeräte durchsetzen.

Stattdessen werden mehr und mehr Formate zur Ausgabe auf gängigen Endgeräten angeboten. So kann man beispielsweise die Süddeutsche Zeitung für unterschiedliche stationäre wie mobile Endgeräte (Windows, Apple, Android) abonnieren – und zwar als reine Textausgabe, als PDF-Datei oder als App für Smartphone oder Tablet.

Parallel dazu sind Finanzierungsmodelle für journalistische Produkte entstanden, die mit oder ohne Verlag auskommen. Neben den Abo-Modellen sind hierbei sind auch themen- und projektbezogenes Crowdfunding sowie Micropayment für einzelne Beiträge zu beobachten.

Forschungsstand:
Zur Bereitschaft, für journalistische Inhalte auch in digitaler Form zu bezahlen, ohne dass ein Printprodukt vorliegt, existieren zahlreiche Studien und Untersuchungen. Auch zu Modellen wie Micropayment und Crowdfunding gibt es umfangreiche Literatur. Mit der Technik des E-Papers und der elektronischen Tinte (E-Ink) befassen sich auch informationstechnische und ingenieurwissenschaftliche Veröffentlichungen.

Literatur:

Ebel, Sascha: E-Paper – eine Perspektive für die Publikumszeitschrift? In: Friedrichsen, Mike; Martin F. Brunner (Hrsg.): Perspektiven für die Publikumszeitschrift. Berlin/Heidelberg [Springer] 2007, S. 417-441

Haller, Michael: Was soll aus der Zeitung werden? In: Arnold, Klaus; Christoph Neuberger (Hrsg.): Alte Medien – neue Medien. Theorieperspektiven, Medienprofile, Einsatzfelder. Festschrift für Jan Tonnemacher. Wiesbaden [VS Verlag für Sozialwissenschaften] 2005, S. 119-131

Hoffmann-Waldeck, Thomas et al.: Standards in der Medienproduktion. Berlin/Heidelberg [Springer Vieweg] 2013

Koubek, Jochen: E-Paper is Tomorrow (Preprint). Berlin 2007, abrufbar unter https://medienwissenschaft.uni-bayreuth.de/assets/Uploads/Koubek/forschung/KoubekE-Paper.pdf

Kramp, Leif; Leonard Novy; Dennis Ballwieser; Karsten Wenzlaff (Hrsg.): Journalismus in der digitalen Moderne. Einsichten – Ansichten – Aussichten. Wiesbaden [VS Verlag für Sozialwissenschaften] 2013

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*1959, Prof. Dr. phil., seit 2013 Professorin an der HTWK Leipzig. 1999 gründete sie die Journalistenakademie in München, die sie bis 2013 gemeinsam mit Peter Lokk leitete. Sie gibt die Lehrbuchreihe Journalistische Praxis bei Springer VS heraus, die von Walther von La Roche gegründet wurde. Arbeitsschwerpunkte: Online und Crossmedia, Medienwandel, journalistische Darstellungsformen. Kontakt: gabriele.hooffacker (at) htwk-leipzig.de Zu journalistischen Arbeitstechniken hat Gabriele Hooffacker einen → Einführungsbeitrag geschrieben.