Influencer

4910

Definition:
Der Begriff ‚Influencer‘, der sich aus dem englischen ‚influence‘ (Einfluss) ableitet, bezeichnet Personen oder Gruppen, die als Kommunikationsvermittler und Meinungsmacher im digitalen Bereich aktiv sind. Als „vormediale Entscheider“ (Ruisinger 2016: 103) wird ihnen die Fähigkeit zugesprochen, andere Menschen in ihrem Verhalten beeinflussen zu können:

„We call the ability to create changes in human behavior ‚influence‘ and the people who do it ‚influencers‘.“ (Grenny et al 2013: 6)

Influencer sind Personen, die aufgrund ihres digitalen Netzwerks, ihrer Persönlichkeitsstärke, einer bestimmten Themenkompetenz und kommunikativen Aktivität eine zugesprochene Glaubwürdigkeit für bestimmte Themen besitzen und diese einer breiten Personengruppe über digitale Kanäle zugänglich machen können (Schach 2018: 31). Das Vertrauen der Nutzer in diese Persönlichkeiten sorgt dafür, dass ein Inhalt näher betrachtet, eine Empfehlung angenommen und die Qualität der Beziehungen einer Organisation zu ihren Stakeholdern verbessert wird (Hoffmann 2017: 21).

Influencer lassen sich unterscheiden in Blogger, die ein Weblog mit einer gewissen Reichweite betreiben, und Content Creators, die bestehende
Social-Media-Kanäle für die Content-Produktion und die Kommunikation mit ihren Zielgruppen nutzen (z.B. Youtube, Instagram). Die Differenzierung ist an dieser Stelle als prototypisch zu betrachten, da Influencer in der Regel mehrere Kanäle für die Kommunikation ihrer Themen nutzen.

Die Bedeutung von Influencern für die Public Relations
Die Zusammenarbeit mit Personen, die über eine hohe Reputation und Reichweite in digitalen Kanälen verfügen, ist ein neues Arbeitsfeld der Unternehmenskommunikation – genannt Influencer Marketing oder Influencer Relations. Mit dem Begriff wird das Management von langfristigen Beziehungen (Identifikation, Beziehungsaufbau und -pflege) zu relevanten externen Influencern bezeichnet (Schach 2018).

Durch die Publishing-Möglichkeiten, die die sozialen Netzwerke jedem User bieten, hat sich die Kommunikation stark verändert. Die ausschließliche Gatekeeper-Funktion von Journalisten, die qua ihres Arbeitsbereiches Informationen recherchieren, aufbereiten und veröffentlichen, kann in der digitalen Medienlandschaft nicht mehr bestätigt werden.
Der Faktor → Prominenz, also die Bekanntheit von Persönlichkeiten, an denen ein hohes öffentliches Interesse besteht, muss erweitert werden auf die Menschen, die nicht aufgrund ihres Berufes oder ihrer Tätigkeit im Blick der → Öffentlichkeit stehen. Eingeschlossen sind heute auch Personen, die im sozialen Netz ein großes Publikum erreichen. Diese Personen können extern für ein Unternehmen agieren. Wenn Mitarbeitende eines Unternehmens eingesetzt werden, spricht man von Unternehmens- und Markenbotschaftern oder Corporate Influencern. Es handelt sich dabei um freie oder angestellte Mitarbeitende, die Themen und Botschaften eines Unternehmens oder einer Marke meist digital kommunizieren. Das kann sowohl in der externen Kommunikation umgesetzt werden, als auch nach innen in die Organisation wirken.

Unterscheidung Influencer Relations und Influencer Marketing
Die Zusammenarbeit mit Influencern aus Unternehmensperspektive kann einen stärkeren Fokus auf das Marketing oder die → Public Relations legen (Lommatzsch 2018: 25).

Influencer Marketing:

  • Die Kommunikation zielt primär auf den Absatzmarkt.
  • Die Ziele sind meist: direkte Absatzsteigerung, Reichweite und Aufmerksamkeit für Produktbotschaften und Brand Building.
  • Glaubwürdigkeit und Transparenz der Kommunikation sind weniger wichtig, solange Ziele erreicht werden.
  • Die Evaluation erfolgt mittels Absatz- und Reichweitenzahlen, Interaktionen und Conversions.

Influencer Relations:

  • Die Kommunikation zielt primär auf den Meinungsmarkt und die Beeinflussung der Meinungsbildung.
  • Die Ziele sind meist: Image- und Reputationssteigerung sowie Informations- und Wissensvermittlung.
  • Glaubwürdigkeit und Transparenz der Kommunikation sind für die Zielerreichung besonders wichtig.
  • Die Evaluation erfolgt mittels Image- und Reputationskennzahlen, Interaktionen und Sentiment Analysen.

Die Zusammenarbeit mit Influencern
Für Unternehmen sind Influencer in erster Linie aufgrund ihrer relevanten Anzahl sozialer Beziehungen interessant. Diese haben sie sich durch eine permanente Content-Produktion und Interaktion mit ihren Followern erarbeitet. Für Unternehmen können Influencer folgende Funktion übernehmen (Enke/Borchers 2018: 180):

  • Contentproduktion: Influencer produzieren Content für → Social-Media-Plattformen. Diese Kompetenz können sie auch im Auftrag von Organisationen einsetzen. Ist dies der Fall, so ähnelt ihre Funktion der einer klassischen Kreativagentur.
  • Contentdistribution und -multiplikation: Influencer verfügen über eigene Kanäle im Social Web. Diese Kanäle, auf denen sie auch fremdproduzierten Content verbreiten können, weisen zumeist eine hohe und auch auftraggeberrelevante Reichweite auf. Dann ist ihre Rolle vergleichbar mit der Werbedistributionsfunktion klassischer Medienorganisationen. Fällt die Contentproduktion und ‑distribution hingegen zusammen, sind sie vergleichbar mit der publizistischen Aktivität von Medienorganisationen – allerdings ohne die berufsethischen Standards, insbesondere dem der journalistischen Unabhängigkeit.
  • Einfluss und soziale Beziehungen: Influencer bauen über ihren Content und die Interaktion im Social Web eine soziale Beziehung zu ihren Followern auf. Influencer werden von ihren Followern als authentisch und glaubwürdig wahrgenommen (Gannon/Prothero 2016: 1860). Über diese Beziehung und ihre Expertise in bestimmten Themengebieten haben sie Einfluss auf die Einstellungen und das Verhalten ihrer Fans.
  • Bekanntheit und → Prominenz: Durch die relevante Anzahl an aufgebauten sozialen Beziehungen erreichen Influencer in bestimmten (Special-Interest-)Gruppen im Internet eine hohe Bekanntheit bzw. Prominenz. Ihre Bekanntheit kann auch zu einer klassischen Medienprominenz werden.

Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Influencern wird in der Regel schriftlich fixiert. Der Vertrag deckt Kooperationsinhalte, Honorar, Leistungsumfang und -zeitraum ab. Wenn Influencer im Auftrag von Unternehmen als Fürsprecher agieren, besteht eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht. Durch die Markierung gesponserter Beiträge stellen Influencer Transparenz her und wahren die Authentizität und Glaubwürdigkeit gegenüber ihrer Community (Nguyen 2018: 154).

Literatur:

Enke, Nadja; Nils Borchers: Von den Zielen zur Umsetzung: Planung, Organisation und Evaluation von Influencer Kommunikation. In: Schach, Annika; Timo Lommatzsch (Hrsg.) Influencer Relations. PR und Marketing mit digitalen Meinungsführern. Wiesbaden [Springer Gabler] 2018, S. 177-200.

Gannon, Valerie; Andrea Prothero: Beauty blogger selfies as authenticating practices. European Journal of Marketing 50. 2016, S. 1858–1878.

Grenny, Joseph; Kerry Patterson et al.: Influencer. The New Science of Leading Change. 2nd ed., New York [McGraw-Hill Education] 2013.

Hoffmann, Kerstin: Lotsen in der Informationsflut. Erfolgreiche Kommunikationsstrategien mit starken Markenbotschaftern aus dem Unternehmen. Freiburg [Haufe] 2017.

Lommatzsch, Timo: Influencer: Marketing vs. Public Relations. In: Schach, Annika; Timo Lommatzsch (Hrsg.) Influencer Relations. PR und Marketing mit digitalen Meinungsführern. Wiesbaden [Springer Gabler] 2018, S. 23-26.

Nguyen, Lan Anh: Influencer Relations – Der neue King of Content. In: Schach, Annika; Timo Lommatzsch (Hrsg.) Influencer Relations. PR und Marketing mit digitalen Meinungsführern. Wiesbaden [Springer Gabler] 2018, S. 147-161.

Ruisinger, Dominik: Die digitale Kommunikationsstrategie. Stuttgart [Schäffer-Poeschel] 2016.

Schach, Annika: Botschafter, Blogger, Influencer: Eine definitorische Einordnung aus der Perspektive der Public Relations. In: Schach, Annika; Timo Lommatzsch (Hrsg.): Influencer Relations. PR und Marketing mit digitalen Meinungsführern. Wiesbaden [Springer Gabler] 2018, S. 27-47.

Vorheriger ArtikelWeb 2.0
Nächster ArtikelMarcel Reich-Ranicki
Annika Schach
*1977, Prof. Dr., ist Professorin für Angewandte Public Relations an der Hochschule Hannover und Kommunikationsberaterin. Arbeitsschwerpunkte: Sprache in der Unternehmenskommunikation, Storytelling, Krisenkommunikation und digitale Kommunikation. Kontakt: annika.schach (at) hs-hannover.de