Journalist

15461

Wortherkunft: Der Stamm des Wortes Journalist stammt aus dem Französischen: le jour = der Tag; le journal = Zeitung/Zeitschrift; le journaliste = der Journalist; le journalisme = das Zeitungswesen. Ebenfalls aus dem Französischen ins Deutsche übertragen: Journaille = die verantwortungslose, verleumderische Presse.

Definition:
Entgegen seiner Wortherkunft ist der Begriff Journalist heute nicht mehr an das Printmedium Zeitung oder Zeitschrift gebunden, sondern bezeichnet generell einen für Medien tätigen Autor oder eine Autorin. Aufgrund der historischen Erfahrungen in Deutschland ist mit dem Artikel 5 des Grundgesetzes der freie Berufszugang in den Journalismus garantiert. Deshalb ist auch diese Berufsbezeichnung ungeschützt, d.h. nicht gebunden an eine fixierte und staatlich kontrollierte bzw. kontrollierbare Ausbildung. Die Journalistik bzw. einzelne Wissenschaftler haben sich bemüht, eine weniger pragmatische oder gar praktizistische Erklärung zu prägen: Journalisten sammeln, bearbeiten und publizieren aktuelle und relevante Themen (meist organisiert in redaktionellen Strukturen und auf der Basis spezifischer Handlungsprogramme, vgl. Blöbaum 2016: 156-158), die sie über Medien der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Weitere Bezeichnungen wie Redakteur, Publizist, Korrespondent, Moderator, Kommunikator, Produzent, Medienmacher und zahlreiche Verknüpfungen mit Medien- oder Ressortzugehörigkeiten zeigen die Vielfalt des Berufsfeldes, das nicht mit einer Standarddefinition erfassbar ist. Dennoch gibt es ein weitgehend übereinstimmendes Berufsbild, das der Deutsche Journalisten-Verband formuliert hat: „Journalist ist, wer […] hauptberuflich an der Erarbeitung bzw. Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch Medien mittels Wort, Bild, Ton oder Kombinationen dieser Darstellungsmittel beteiligt ist“ (DJV 2015: 3). Mit der Gründung des Deutschen Fachjournalistenverbandes (DFJV) 1997, der ausdrücklich auch nebenberufliche freie Journalisten akzeptiert, wurde das bis dato selbstverständliche Kriterium der Hauptberuflichkeit infrage gestellt.

Geschichte:
Eine strukturierte Chronologie der Entstehung des Berufes Journalist hat erstmals Dieter Paul Baumert 1928 vorgelegt. Er unterscheidet vier Phasen:

  • die → präjournalistische Phase bis Ende des 15. Jahrhunderts, die durch Briefzeitungen geprägt war, die vor allem von Kaufleuten, Sängern oder Spielleuten mit Beiträgen bestückt wurden;
  • den → korrespondierenden Journalismus bis Mitte des 18. Jahrhunderts, in der es nun regelmäßig erscheinende (Wochen-)Zeitungen gab und zu den Inhalten meist Ereignisse und Entscheidungen der Politik gehörten, die allerdings Staatsbedienstete verfassten;
  • die Phase des → schriftstellerischen Journalismus bis Mitte des 19. Jahrhunderts, die geprägt war durch gelehrte Zeitschriftenliteratur und belletristische Journalliteratur mit vorwiegend religiösen und philosophischen, später auch politischen Themen;
  • den → redaktionellen Journalismus ab Mitte des 19. Jahrhunderts, der eine Industrialisierung der Medientätigkeit aufwies, wozu neben hauptberuflichen Redakteuren nun auch Drucker und Verleger gehörten. Aus dieser Phase entwickelte sich der Journalismus zum Beruf.

Dieser ist an wesentliche Professionskriterien gebunden, die jedoch bis heute im Hinblick auf ihre Gültigkeit für den Journalismus diskutiert werden:

  • die Definition als Hauptberuf durch eine klare Funktionsabgrenzung;
  • eine fundierte Ausbildung und damit ein relativ geregelter Zugang zum Beruf;
  • die Bildung von Berufsverbänden;
  • die präzise Definition des Tätigkeitsfeldes;
  • den gesetzlichen Schutz der Berufsbezeichnung;
  • der Entwicklung einer Berufsethik.

Gegenwärtiger Zustand:
Das journalistische Berufsfeld wird seit Jahren immer breiter und damit heterogener. Heute wird diese Entwicklung über Begriffe wie Social-Media-Redakteur, PR-Journalist oder Blogger deutlich. Damit verschwindet weiter die belastbare und einheitliche Vorstellung vom Berufsbild. Dieser Wandel basiert nicht nur auf technischen, sondern auch auf politisch-rechtlichen, ökonomischen und sozialen Veränderungsprozessen. Stichworte wie Digitalisierung und mobile Mediennutzung, die Abhängigkeit von Quoten einerseits und der sich ins Internet verlagernde Werbemarkt andererseits machen die ökonomischen Zusammenhänge zwischen Journalismus, Medien, Märkten und Publikum deutlich sichtbar.

Gesellschaftlicher Wandel führt zu einer weiteren Ausdifferenzierung des Mediensystems: Die Differenzierung beruflicher Felder und der Freizeitinteressen lässt den Markt der Fach- und Special-Interest-Zeitschriften wachsen, was wiederum neue publizistische und insbesondere journalistische Fachrichtungen ausprägt. Dieser Aspekt ist auch in der Forschung aktuell in der Diskussion, denn während die Abgrenzung der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Medium (wie Fernsehen, Radio oder Internet) durch crossmediales Arbeiten seit Längerem aufweicht, öffnen sich inzwischen auch die Ressortgrenzen. Früher wurde von Journalisten erwartet, dass sie sich als ,Allrounder‘ in diverse Themen einarbeiten können; heute steigt die Nachfrage nach Experten, die Kompetenzen in einem Fachgebiet oder einem Themenkreis haben.

Dies spiegelt sich auch in der hochschulgebundenen Ausbildung wider: Während bis um die Jahrtausendwende (neben Publizistik und Medienwissenschaften) für diese Zwecke vor allem wenige Studiengänge der Journalistik mit einem breit aufgestellten Curriculum existierten, entwickelten sich in den vergangenen Jahren Substudiengänge, sowohl im Bachelor- als auch Masterbereich, die interdisziplinär aufgebaut sind, um Fachjournalisten auszubilden: Dazu gehören u.a. Wissenschaftsjournalismus, Musikjournalismus und Wirtschaftspolitischer Journalismus (etwa an der TU Dortmund), Technikjournalismus (TH Nürnberg und Hochschule Bonn-Rhein-Sieg), Politikjournalismus (Hochschule Macromedia) sowie Sportjournalismus (z.B. an der Deutschen Sporthochschule Köln).

Trotzdem bleiben die Kernmerkmale des Journalismus weiter identifizierbar. Dazu gehören → Aktualität, Kritik und Kontrolle, → Relevanz, → Richtigkeit, → Unabhängigkeit und → Verständlichkeit.

Forschungsstand:
Um die deutschen Journalisten zu beschreiben, greift die Forschung noch immer auf wenige Studien zurück, die in den 1990er- und 2000er-Jahren durchgeführt worden sind: Die Teams um den Medienwissenschaftler Siegfried Weischenberg haben zu Beginn der 1990er-Jahre erstmalig in großem Umfang das journalistische Berufsfeld empirisch untersucht. Ihre Daten beschreiben und analysieren Merkmale und Einstellungen von Journalisten in Deutschland; 2006 ist die Folgestudie erschienen. Ergänzt werden sie mit Daten aus weiteren Studien (bspw. von Arlt/Storz 2016, Donsbach u.a. 2009, Meyen/Springer 2009 und weiterer Organisationen und Institute, siehe Statista 2016).

Aktuell wartet die Fachwelt auf die Auswertung der internationalen Worlds of Journalism Study. In der vergleichenden Untersuchung sind zwischen 2012 und 2016 in 67 Ländern rund 27.500 Journalisten befragt worden. Die ersten Ergebnisse für Deutschland zeigen (Hanitzsch u.a. 2016): Der Durchschnittsjournalist ist männlich, Mitte 40, gut (akademisch) ausgebildet und seit 19,5 Jahren hauptberuflich tätig (ebd.: 1). Diese Grunddaten – auch zu Selbstverständnis und den wesentlichen Tätigkeiten – haben sich offensichtlich nicht grundlegend verändert. Noch geben erst etwa 25 Prozent der interviewten 775 deutschen Journalisten an, als Multimedia-Redakteure zu publizieren (ebd.). Die Entwicklungen im Journalismus werden sich wohl erst in weiteren zehn Jahren deutlicher widerspiegeln.

Literatur:

Arlt, Hans-Jürgen; Wolfgang Storz: Journalismus oder Animateur – ein Beruf im Umbruch. OBS-Arbeitspapier Nr. 22. Frankfurt/M. [Otto-Brenner-Stiftung] 2016. https://www.otto-brenner-shop.de/uploads/tx_mplightshop/AP22_ArltStorz.pdf (09.05.2017).

Baumert, Dieter Paul: Die Entstehung des deutschen Journalismus. Eine sozialgeschichtliche Studie. Herausgegeben und eingeleitet von Walter Hömberg. Baden-Baden [Nomos] 2013 [1928].

Blöbaum, Bernd: Journalismus als Funktionssystem der Gesellschaft. In: Löffelholz, Martin; Liane Rothenberger (Hrsg.): Handbuch Journalismustheorien. Wiesbaden [VS Verlag für Sozialwissenschaften] 2016, S. 151-163.

Deutscher Journalisten-Verband (Hrsg.): Berufsbild Journalistin – Journalist. DJV Wissen: 4. Berlin [Deutscher Journalisten-Verband] 2015. http://www.djv.de/fileadmin/user_upload/Infos_PDFs/Flyer_Broschuren/wissen4_Berufsbild.pdf (09.05.2017).

Donsbach, Wolfgang; Mathias Rentsch; Anna-Maria Schielicke; Sandra Degen: Entzauberung eines Berufs. Was die Deutschen vom Journalismus erwarten und wie sie enttäuscht werden. Konstanz [UVK] 2009.

Hanitzsch, Thomas; Nina Steindl; Corinna Lauerer: Country Report. Journalists in Germany. München [Ludwig-Maximilians-Universität] 2016. https://epub.ub.uni-muenchen.de/28095/1/Country%20report%20Germany.pdf (09.05.2017).

Meyen, Michael; Nina Springer: Freie Journalisten in Deutschland. Ein Report. Konstanz [UVK] 2009.

Statista: Journalismus. Dossier. Hamburg, 2016. https://de.statista.com/statistik/studie/id/7237/dokument/journalismus-statista-dossier/ (09.05.2017).

Weischenberg, Siegfried; Maja Malik; Armin Scholl: Die Souffleure der Mediengesellschaft. Report über die Journalisten in Deutschland. Konstanz [UVK] 2006.

Vorheriger ArtikelOutsourcing
Nächster ArtikelRedakteur
*1964, Prof. Dr., lehrt und forscht seit März 2014 an der Technischen Hochschule Nürnberg im Studiengang Technikjournalismus/Technik-PR. Arbeitsschwerpunkte: Fachjournalismus, Wissenschaftskommunikation, Nachhaltigkeit und Ökologie im Journalismus, Narration im und Vertrauen in Journalismus. Kontakt: beatrice.dernbach (at) th-nuernberg.de Zu Nachrichtenfaktoren im Journalismus hat Beatrice Dernbach einen → Einführungsbeitrag geschrieben.