Outsourcing

6308

Wortherkunft: engl. out = außerhalb; engl. sourcing = Beschaffung

Der Begriff Outsourcing bezeichnet den Vorgang, in dem Leistungen, die bisher innerhalb einer Redaktion bzw. eines Medienhauses erbracht wurden, von Dienstleistern außerhalb der eigenen Organisation erbracht werden. Beispielsweise kann eine Tageszeitung, die bisher ihre Fernsehbeilage in Eigenregie produziert hat, entscheiden, künftig die Fernsehbeilage eines redaktionellen Dienstleisters zu beziehen.

Das Outsourcing ist somit Teil des → redaktionellen Managements, in dem unter anderem darüber entschieden wird, wie genau das Unternehmen die journalistische Dienstleistung für die Nutzer beschafft. Anders formuliert: Es geht es darum, wie die Wertschöpfungskette bzw. das Wertschöpfungsnetzwerk eines journalistischen Angebots ausgestaltet wird. Bei der Definition einer Wertschöpfungskette wird festgelegt, welche internen und externen Akteure welchen Beitrag zur Wertschöpfung leisten (Wirtz 2013). Ein typischer interner Akteur in einer redaktionellen Wertschöpfungskette ist zum Beispiel der Chef vom Dienst, der die aktuelle Produktion eines journalistischen Produkts koordiniert. Ein typischer externer Akteur bzw. Dienstleister ist eine Nachrichtenagentur, die einer Redaktion nationale und internationale Beiträge zuliefert.

Outsourcing-Entscheidungen können sich auf alle Teile einer Wertschöpfungskette beziehen, also sowohl auf Kern- als auch auf Unterstützungsprozesse. Kernprozesse sind alle Teile der Wertschöpfungskette, die unmittelbar zur Erfüllung der Nutzeranforderungen beitragen, z.B. die Produktion eines journalistischen Beitrags oder die Gestaltung einer Zeitschriftenausgabe. Unterstützungsprozesse sind die Teile der Wertschöpfungskette, die notwendig sind, um die redaktionellen Aufgaben zu erledigen, aber nicht direkt im Produkt sichtbar werden. Beispiele dafür sind die Honorarabrechnung für freie Mitarbeiter oder die technische Wartung des Redaktionssystems.

Gesellschaftlich betrachtet ist Outsourcing, das Kernprozesse betrifft, in der Regel deutlich relevanter als entsprechende Leistungen bei Unterstützungsprozessen: Der Grund liegt darin, dass Outsourcing von Kernprozessen die publizistische Leistung unmittelbar beeinflusst, etwa die → journalistische Qualität oder den Beitrag eines journalistischen Angebots zur → Meinungsvielfalt. Dabei kann sich Outsourcing grundsätzlich sowohl positiv als auch negativ auf die publizistische Leistung auswirken. Der tatsächliche Effekt hängt stark vom Einzelfall ab und kann letztlich nur empirisch bestimmt werden. Outsourcing hat seit dem Rückgang der Anzeigeneinnahmen von Tageszeitungen seit dem Jahr 2000 an Bedeutung gewonnen.

Bezogen auf den Kernprozess einer Redaktion lassen sich unterschiedliche Ausprägungen des Outsourcings beobachten, die sich danach unterscheiden, wie stark sie mit Veränderungen im Produkt und der Ablauforganisation einhergehen:

Die schwächste Form des Outsourcings ist, die Produktion einzelner Beiträge auszulagern, ansonsten jedoch das publizistische Konzept und die Redaktionsstruktur unverändert zu lassen. Hier übernehmen etwa verstärkt freie Mitarbeiter Produktionsaufgaben, die bisher fest angestellten Redakteuren zugeordnet waren.

Eine mittlere Form des Outsourcings ist die komplette Auslagerung der Produktion eines Teilangebots bei unverändertem publizistischem Konzept. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn eine komplette Lokalausgabe einer Tageszeitung von einem freien Journalistenbüro erstellt wird, aber nach wie vor im System von der Zentralredaktion redigiert und layoutet wird.

Bei der stärksten Ausprägung des Outsourcings werden die Ablauforganisation und das  redaktionelle Konzept geändert. Ein klassisches Beispiel ist der Verzicht einer Zeitung auf einen eigenen Mantelteil, der stattdessen komplett bei einem Dienstleister zugekauft wird.

Outsourcing-Entscheidungen können publizistisch, qualitativ, strategisch oder betriebswirtschaftlich motiviert sein: Publizistisch kann es z.B. sinnvoll sein, sehr bewusst stärker mit freien Mitarbeitern zusammenzuarbeiten, um die Diversität innerhalb der eigenen Autorenschaft zu steigern. Outsourcing kann die Qualität erhöhen, wenn man komplexe Aufgaben – etwa Datenrecherchen – an spezialisierte Dienstleister vergibt. Outsourcing kann aber auch strategisch sinnvoll sein, um die Flexibilität einer Redaktion zu erhalten, indem man Organisationseinheiten schnell einrichten und abwickeln kann, oder die Innovationsfähigkeit zu steigern, indem man neue Einheiten mit der Weiterentwicklung des eigenen Angebots betraut (Rinsdorf 2017). Outsourcing ist betriebswirtschaftlich sinnvoll, wenn ein externer Dienstleister die gleiche redaktionelle Qualität zu günstigeren Preisen liefern kann. Den Kostenvorteilen stehen hier allerdings oft eine höhere Komplexität beim Management von Wertschöpfungsnetzwerken und ein geringerer Einfluss auf die Dienstleistungsqualität gegenüber.

Literatur:

Rinsdorf, Lars: Redaktionelle Strategien entwickeln. Analyse – Geschäftsmodelle – Konzeption. Stuttgart/Konstanz [UTB UVK] 2017.

Wirtz, Bernd W.: Business Model Management. Design – Instrumente – Erfolgsfaktoren von Geschäftsmodellen. 3. Auflage. Wiesbaden [SpringerGabler] 2013.

Vorheriger ArtikelAleksandr Puškin
Nächster ArtikelJournalist
*1971, Prof. Dr., ist Studiendekan des Studiengangs Crossmedia-Redaktion/Public Relations an der Hochschule der Medien Stuttgart. Er hat Journalistik und Raumplanung an der Universität Dortmund studiert und dort 2003 promoviert. Zu seinen Lehr- und Forschungsschwerpunkten gehören Medien- und Verlagsmanagement, Rezeptionsforschung, Forschung und Entwicklung in Medienunternehmen sowie Medienmarken. Kontakt: rinsdorf (at) hdm-stuttgart.de