Suchmaschine

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Wortherkunft: Kompositum aus ‚Suchen‘ und ‚Maschine‘, analog zum englischen Begriff ‚search engine‘.

Definition:
Mit dem Begriff ,Suchmaschine‘ werden Programme bezeichnet, die die Suche nach digitalen Dokumenten mittels Suchbegriffen ermöglichen. Das alltägliche Begriffsverständnis meint damit zumeist Web-Suchmaschinen, die also das World Wide Web nach Dokumenten (wie z. B. Webseiten) durchsuchen. Es existieren jedoch auch zahlreiche andere Arten von Suchmaschinen, die beispielsweise Internet-Datenbanken oder die Dateien eines einzelnen Computers durchsuchen.

Web-Suchmaschinen werden zudem unterschieden in 1) Universalsuchmaschinen, die das Web möglichst in seiner Gesamtheit durchsuchen sollen, 2) Spezialsuchmaschinen, die sich thematisch oder formal auf bestimmte Dokumente konzentrieren (z. B. → Nachrichten oder Bilddateien), sowie 3) Metasuchmaschinen, die Suchanfragen an mehrere Suchmaschinen gleichzeitig weiterleiten und deren Ergebnisse bündeln.

Suchmaschinen bestehen zum einen aus Komponenten zur Beschaffung und Erschließung von Dokumenten, zum anderen aus Komponenten zum Verarbeiten von Suchanfragen und der Aufbereitung der Ergebnisse. Web-Suchmaschinen nutzen vorrangig sogenannte Crawler, Programme, die automatisiert die → Link-Strukturen des Webs verfolgen und so Dokumente sammeln. Diese Dokumente werden mit Attributen (z. B. mit Schlagworten und einem Erstellungsdatum) versehen und in den Index der Suchmaschine übernommen. Diese Prozesse laufen kontinuierlich und unabhängig von Nutzerinteraktionen ab. Auf eine Suchanfrage erfolgt ein Abgleich mit den indexierten Dokumenten und eine Reihung (Ranking) der relevanten Ergebnisse. Die Darstellung erfolgt schließlich zumeist mittels sogenannter Snippets, kurzen Textauszügen aus dem jeweiligen Dokument (vgl. → Teaser).

Geschichte:
Mitte der 1990er-Jahre erlebte das World Wide Web seinen Durchbruch, was sich nicht nur durch stark steigende Nutzungszahlen, sondern auch eine exponentiell ansteigende Menge an Web-Dokumenten äußerte. Entsprechend schnell wuchs der Bedarf, Orientierung über die stetig wachsende Anzahl an Inhalten zu erhalten. Zunächst in universitären Forschungs- und Hobbyprojekten, bald auch in kommerziellen Unternehmungen wurden eine Vielzahl an Suchmaschinen mit unterschiedlichen Herangehensweisen und Geschäftsmodellen entwickelt. An diese Phase des Pioniergeists und technischer Innovationen schloss sich ab der Jahrtausendwende eine Phase der Konsolidierung und Konzentration an, im Zuge derer sich durch Schließungen, Zusammenschlüsse und Übernahmen ein Oligopol einiger weniger Suchmaschinenanbieter gebildet hat (vgl. Dominikowski 2013; Van Couwering 2008).

Gegenwärtiger Zustand:
In Deutschland – wie in nahezu allen europäischen Ländern und weiteren Suchmaschinenmärkten weltweit – kann von einem Quasi-Monopol der Suchmaschine Google gesprochen werden, was sich in vielen Ländern durch einen Markanteil von über 90 Prozent ausdrückt. Die Bedeutung von Google zeigt sich nicht zuletzt darin, dass der Begriff ‚googeln‘ als Synonym für die (Web-)Informationssuche auch in den alltäglichen Sprachgebrauch übergegangen ist. Zu den ‚großen Drei‘ werden neben Google noch Bing sowie Yahoo gezählt – letztere verwendet jedoch inzwischen keine eigene Suchtechnologie mehr, sondern zeigt Ergebnisse von Bing an. Von regional großer Bedeutung sind zudem Baidu (China) sowie Yandex (Russland), die in ihren jeweiligen Märkten noch vor Google Marktführer sind (Lewandowski 2018).

Durch ihre enorme Bedeutung für die Informationssuche spielen Suchmaschinen als Zugangsweg zu Nachrichten eine große Rolle für den Online-Journalismus. Im Reuters Institute Digital News Report 2018, einer Repräsentativbefragung deutscher Internetnutzer, geben mehr als ein Drittel der Befragten an, in der vergangenen Woche über eine Suchmaschine zu Nachrichten gelangt zu sein – entweder durch die Suche nach einer spezifischen Nachrichten-Website oder der Suche zu einem bestimmten Nachrichten-Thema (Hölig/Hasebrink 2018). Dies verweist auf die Relevanz von → Suchmaschinenoptimierung für den Online-Journalismus.

Forschungsstand:
Für den Journalismus sind insbesondere zwei kommunikationswissenschaftliche Forschungsperspektiven zu Suchmaschinen relevant. Zum einen werden Suchmaschinen als Zugangsweg zu Journalismus betrachtet. Der Journalismus profitiert hier davon, dass Suchmaschinen Leser an Online-Nachrichten vermitteln. Diskutiert wird, inwiefern Suchmaschinen dadurch eine Gatekeeper-Rolle zukommt, sie also Funktionen wie die Selektion und Gewichtung von Informationen vornehmen, die traditionell dem Journalismus vorbehalten waren (Barzilai-Nahon 2008; Gennis/Gundlach 2014; Machill/Beiler 2008; Röhle 2010). Erforscht wird auch, wie sich durch Suchmaschinen die Wahrnehmung journalistischer Produkte und Marken verändert. So konnten sich in einer aktuellen Studie nur rund ein Drittel derjenigen Probanden, die über eine Suchmaschine auf eine bestimmte politische Nachricht gestoßen waren, an die konkrete Nachrichten-Website erinnern, auf der diese Nachricht gelesen wurde (Kalogeropoulos/Newman 2017). Daher wird in der Forschung ebenfalls ergründet, ob sich daraus ein Konkurrenz- oder Komplementärverhältnis zwischen Suchmaschinen und Journalismus entwickelt (Neuberger 2013).

Zum anderen wird die Nutzung von Suchmaschinen durch Journalisten in den Blick genommen. Unter Stichworten wie ,Googleisierung des Journalismus‘ wird dabei beleuchtet, inwiefern Journalisten vorrangig Suchmaschinen als Werkzeug zur → Recherche nutzen. Empirische Untersuchungen zeigen, dass insbesondere Google eine enorme Bedeutung für die journalistische Recherche zukommt und dass Journalisten mit Suchmaschinen kaum reflektierter umgehen als Durchschnittsnutzer (seltene Verwendung elaborierter Suchtechniken, z. B. durch die Verwendung von Operatoren; Konzentration auf die ersten Suchresultate; Machill/Beiler/Zenker 2008; Springer/Wolling 2008; Wegner 2007). Der große publizistische Einfluss, der Suchmaschinen inzwischen zukommt, besteht daher nicht nur im Einfluss auf die Nachrichtenselektion durch das Publikum, sondern auch auf die Nachrichtenproduktion durch Journalisten.

Literatur:

Barzilai-Nahon, Karine: Toward a Theory of Network Gatekeeping. A Framework for Exploring Information Control. In: Journal of the American Society for Information Science and Technology, 59 (9), 2008, S. 1493-1512. https://doi.org/10.1002/asi.20857.

Dominikowski, Thomas: Zur Geschichte der Websuchmaschinen in Deutschland. In: Lewandowski, Dirk (Hrsg.): Handbuch Internet-Suchmaschinen 3. Suchmaschinen zwischen Technik und Gesellschaft. Heidelberg [Akademische Verlagsgesellschaft AKA] 2013, S. 3-34.

Gennis, Martin; Hardy Gundlach: Wer sind die Gatekeeper der Konvergenzmedien? Kriterien und Bestimmung vorherrschender Meinungsmacht in konvergenten Medienumgebungen. In: Media Perspektiven, 10, 2014, S. 507-524.

Hölig, Sascha; Uwe Hasebrink: Reuters Institute Digital News Report 2018. Ergebnisse für Deutschland. Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 44. Hamburg [Hans-Bredow-Institut] 2018. https://hans-bredow-institut.de/uploads/media/Publikationen/cms/media/t611qnd_44RDNR18_Deutschland.pdf.

Kalogeropoulos, Antonis; Nic Newman: ‘I saw the news on Facebook’. Brand attribution when accessing news from distributed environments. In: Digital News Project. Oxford [Reuters Institute for the Study of Journalism] 2017. http://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/sites/default/files/Brand%20attributions%20report.pdf.

Lewandowski, Dirk: Suchmaschinen verstehen. 2. Auflage. Berlin [Springer Vieweg] 2018.

Machill, Marcel; Markus Beiler: Suchmaschinen als Vertrauensgüter. Internet-Gatekeeper für die Informationsgesellschaft? In: Klummp, Dieter; Herbert Kubicek; Alexander Roßnagel; Wolfgang Schulz (Hrsg.): Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft. Berlin/Heidelberg [Springer] 2008, S. 159-172.

Machill, Marcel; Markus Beiler; Martin Zenker: Journalistische Recherche im Internet. Bestandsaufnahme journalistischer Arbeitsweisen in Zeitungen, Hörfunk, Fernsehen und Online. Berlin [Vistas] 2008.

Neuberger, Christoph: Competition or complementarity? Journalism, social network sites, and news search engines. In: Nienstedt, Heinz-Werner; Stephan Ruß-Mohl; Bartosz Wilczek (Hrsg.): Journalism and media convergence. Berlin [de Gruyter] 2013, S. 119-129.

Röhle, Theo. Der Google-Komplex. Über Macht im Zeitalter des Internets. Bielefeld [Transcript] 2010.

Springer, Nina; Jens Wolling: Recherchoogeln. Wie Zeitungsjournalisten das Internet für ihre Arbeit nutzen. In: Quandt, Thorsten; Wolfgang Schweiger (Hrsg.): Journalismus online – Partizipation oder Profession? Wiesbaden [VS Verlag für Sozialwissenschaften] 2008, S. 45-59.

Van Couvering, Elizabeth: The history of the Internet search engine. Navigational media and the traffic commodity. In: Spink, Amanda; Michael Zimmer (Hrsg.): Web search. Multidisciplinary perspectives. Berlin/Heidelberg [Springer] 2008, S. 177-206.

Wegner, Jochen: Die Googleisierung der Medien. In: Lehmann, Kai; Michael Schetsche (Hrsg.): Die Google-Gesellschaft. Vom digitalen Wandel des Wissens. Bielefeld [Transcript] 2007, S. 235-240.

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Julian Unkel
*1988, Dr., ist seit 2019 Akademischer Rat a. Z. am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU München. Zuvor war er ebendort wissenschaftlicher Mitarbeiter und von 2015-2017 Mitarbeiter am Munich Center for Internet Research. Er promovierte 2019 an der LMU München zum Thema „Informationsselektion mit Suchmaschinen“. Arbeitsschwerpunkte: Medienselektion und -rezeption, quantitative Methoden. Kontakt: unkel (at) ifkw.lmu.de