Verlag

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Wortherkunft: Das Substantiv stammt aus dem 16. Jahrhundert und basiert auf dem Verb ,verlegen‘, das wiederum mit ‚vorlegen‘ bzw. ,hinlegen‘ in Verbindung steht.

Der Begriff Verlag bezeichnet im weiteren Sinne ein Medienunternehmen, das Printprodukte herausgibt. Der vorliegende Beitrag basiert allerdings auf einem engeren Verständnis des Begriffes im Sinne von Zeitschriften- und Zeitungsverlagen, die periodisch erscheinende Druckwerke für ein disperses Publikum herausgeben, deren Inhalte von journalistischen Redaktionen erstellt werden.

Verlage sind gewinnorientiert arbeitende Organisationen, die die Strukturen und Prozesse bereitstellen, um regelmäßig erscheinende, aktuelle journalistische Printprodukte zuverlässig und nachhaltig auf den Markt bringen zu können. Im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Verlages steht die Wertschöpfungskette von Medienunternehmen: Im Einzelnen sind dies die Herstellung und Beschaffung von Informationen, die zu einem Gesamtprodukt gebündelt, vervielfältigt, vertrieben und schließlich von der Leserschaft genutzt werden.

Darüber hinaus stellt ein Verlag die Unterstützungsprozesse bereit, die zur Herstellung journalistischer Printprodukte notwendig sind. Dazu gehören vor allem die Marktbeobachtung und Marktforschung, die kontinuierliche Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie, die Entwicklung neuer Angebote sowie Marketing, Buchhaltung, Personalentwicklung, Unternehmensplanung und das Lieferantenmanagement.

Zu den Kernaufgaben eines Verlages gehört es, ein Geschäftsmodell zu etablieren, das die Erlöse generiert, die notwendig sind, um die Kosten des operativen Geschäfts zu decken, Investitionen zu finanzieren und die Renditeerwartungen der Anteilseigner zu befriedigen. Verlage agieren dabei wie viele andere Medienunternehmen auf einem zweiseitigen Markt: Auf dem Lesermarkt bieten sie journalistische Produkte an; auf dem Anzeigenmarkt wird die Aufmerksamkeit der Leser für diese Produkte vermarktet.

Etablierte Geschäftsmodelle von Verlagen generieren in der Regel auf beiden Märkten Erlöse, indem sie einerseits Einzelausgaben von Zeitungen und Zeitschriften verkaufen bzw. im Abonnement anbieten und andererseits Anzeigen von werbetreibenden Unternehmen gegen Entgelt in ihren Produkten abdrucken. Verbreitet sind auch Geschäftsmodelle, etwa bei Anzeigenblättern, die auf dem Lesermarkt Produkte kostenfrei anbieten und sich allein durch Anzeigenerlöse refinanzieren. Eher selten sind Zeitungen und Publikumszeitschriften, die sich allein aus Vertriebserlösen finanzieren. Ausgelöst durch Reichweitenverluste und eine Verschiebung von Media-Budgets aus dem Printmarkt in den Online-Bereich haben die Vertriebserlöse jedoch insbesondere bei Tageszeitungen in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen.

Erste Zeitungsverlage in Deutschland sind im 17. Jahrhundert entstanden – in enger Folge zur Erfindung des Drucks mit beweglichen Lettern. Aus dieser Gründungsepoche ergibt sich die typische – allerdings keineswegs zwingende – Kombination einer Druckerei mit einem Verlag. Die Grundstruktur des Verlages modernen Zuschnitts und das dominante Geschäftsmodell der Branche sind hingegen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden – als Rekombination aus technischen (Rotationsdruck), gesellschaftlichen (Massenpublika), rechtlichen (Pressefreiheit) und wirtschaftlichen (frei verfügbares Risikokapital) Inventionen.

Spezifische Rahmenbedingungen von Medienmärkten (vor allem eine starke Fixkostendegression in Kombination mit Netzwerkeffekten) begünstigen auch unter Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen Konzentrationstendenzen, die sich im Zuge der Digitalisierung weiter verstärkt haben. Ein Indikator dafür ist die kontinuierlich sinkende Zahl publizistischer Einheiten sowie die Dominanz weniger Verlagsgruppen sowohl auf dem Leser- als auch auf dem Anzeigenmarkt – selbst im Bereich der traditionell eher mittelständisch geprägten → Lokal- und Regionalzeitungsbranche.

Ein Verlag besteht typischerweise aus der Verlagsleitung, einer kaufmännischen Abteilung, der Anzeigenabteilung, der Vertriebsabteilung, der Logistik-Abteilung, der Redaktion und einer Druckerei. Die Redaktion nimmt dabei einer Sonderrolle ein, da der professionelle Orientierungshorizont der Journalisten in der Redaktion im Gegensatz zu allen anderen Abteilungen ein primär publizistischer und nicht wirtschaftlicher ist (siehe →  Redaktionsorganisation). Allerdings sind Verlage Tendenzbetriebe: Dies erlaubt es der Verlagsleitung, die publizistische Linie des Blattes zu bestimmen und räumt ihr eine privilegierte Stellung bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen ein, um diese Linie durchzusetzen.

Im Zuge der Digitalisierung und Mediatisierung der Gesellschaft stehen Verlage und ihre tradierten Geschäftsmodelle unter hohem Innovationsdruck. Die über Jahrzehnte äußerst attraktive Ertragslage von Verlagen ermöglicht diesen einerseits Investitionen in neue Geschäftsfelder. Anderseits führt sie mitunter auch zu strategischer Inflexibilität. Viele Verlage haben inzwischen zahlreiche Angebote jenseits von Printtiteln aufgebaut, insbesondere im Online-Bereich. Daher firmieren sie häufig nicht mehr als Verlag, sondern als Medienhaus, um die Vielfalt ihrer Ausspielkanäle zu betonen (siehe auch → Mediensystem, → Ökonomie des Journalismus).

Literatur:

Altmeppen, Klaus-Dieter: Journalismus und Medien als Organisationen. Leistungen, Strukturen und Medienmanagement. Wiesbaden [VS Verlag für Sozialwissenschaften] 2006.

Birkner Thomas: Das Selbstgespräch der Zeit. Die Geschichte des Journalismus in Deutschland 1605 – 1914. Köln [Herbert von Halem Verlag] 2012.

Breyer-Mayländer, Thomas (Hrsg.): Vom Zeitungsverlag zum Medienhaus. Geschäftsmodelle in Zeiten der Medienkonvergenz. Wiesbaden [Gabler] 2015.

Gläser, Martin: Medienmanagement. 3. Auflage. München [Vahlen] 2014.

Hass, Berthold. H.: Geschäftsmodelle von Medienunternehmen. Ökonomische Grundlagen und Veränderungen durch neue Informations- und Kommunikationstechnik. Wiesbaden [Springer Fachmedien] 2013.

Von Rimscha, Bjørn; Siegert, Gabriele: Medienökonomie. Eine problemorientierte Einführung. Wiesbaden [VS Verlag für Sozialwissenschaften] 2015.

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Lars Rinsdorf
*1971, Prof. Dr., ist Studiendekan des Studiengangs Crossmedia-Redaktion/Public Relations an der Hochschule der Medien Stuttgart. Er hat Journalistik und Raumplanung an der Universität Dortmund studiert und dort 2003 promoviert. Zu seinen Lehr- und Forschungsschwerpunkten gehören Medien- und Verlagsmanagement, Rezeptionsforschung, Forschung und Entwicklung in Medienunternehmen sowie Medienmarken. Kontakt: rinsdorf (at) hdm-stuttgart.de