Creative Commons

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Wortherkunft: Der englische Begriff ‚Creative Commons‘ (oft auch abgekürzt als ‚CC‘) bedeutet wörtlich übersetzt ‚kreative Allmende‘ oder ‚kreative Gemeingüter‘ und bezeichnet sowohl ein – im Folgenden fokussiertes – Set an standardisierten, modular aufgebauten Urheberrechtslizenzen als auch die für Entwicklung und Betreuung dieser Lizenzstandards verantwortliche, gemeinnützige Organisation mit Sitz in den USA. Während im Deutschen mit der Allmende vor allem die historisch gemeinschaftlich genutzte Dorfwiese assoziiert wird, gewinnt (nicht nur) im Englischen der Begriff der ‚Commons‘ als jenseits von Staat und Markt gemeinschaftlich verwaltete und genutzte Ressource vermehrt an Bedeutung (vgl. Ostrom et al. 1999).

Definition:
Creative Commons bietet auf seiner Homepage ein System urheberrechtlicher Lizenzverträge kostenfrei an, die es Kreativen möglichst einfach machen sollen, Dritten bestimmte Rechte an ihren Werken einzuräumen. Der jeweilige Lizenzvertrag wird dabei aus den folgenden vorformulierten Lizenzbausteinen zusammengestellt:

Namensnennung: Erlaubt anderen – unter der Voraussetzung, dass die Rechtsinhaberschaft durch Nennung des Namens anerkannt wird – den → Inhalt und darauf aufbauende Bearbeitungen zu vervielfältigen, zu verbreiten, aufzuführen und öffentlich zugänglich zu machen. Dieser Lizenzbaustein ist Teil jeder Creative-Commons-Lizenz.

Nicht kommerzielle Nutzung: Erlaubt anderen, den Inhalt und darauf aufbauende Bearbeitungen nur zu nicht kommerziellen Zwecken zu vervielfältigen, zu verbreiten, aufzuführen und öffentlich zugänglich zu machen. Kommerzielle Verwertung bleibt vorbehalten.

Keine Bearbeitungen: Erlaubt anderen, nur unveränderte Kopien des Inhalts zu vervielfältigen, zu verbreiten, aufzuführen und öffentlich zugänglich zu machen, dagegen sind keine Bearbeitungen erlaubt, die auf dem Inhalt basieren.

Weitergabe unter gleichen Bedingungen: Erlaubt anderen, Bearbeitungen des Inhalts nur unter einem Lizenzvertrag zu verbreiten, der demjenigen entspricht, unter dem der Inhalt lizenziert worden ist.

Für rechtmäßige Nutzung von Creative-Commons-lizenzierten Inhalten ist demnach immer die Nennung von Urheber:innen sowie der Lizenz samt Link zum Lizenztext erforderlich. Bei Lizenzen, die eine Bearbeitung erlauben, muss zudem auf diese Bearbeitung hingewiesen werden.

Geschichte:
Die Idee von Creative Commons entstand rund um den damals noch an der Stanford University in Kalifornien tätigen Rechtswissenschaftler Lawrence Lessig. Zunächst hatte dieser noch versucht, Verschärfungen des Urheberrechts wie den Ende der 1990er Jahre in den USA verabschiedeten Copyright Term Extension Act vor dem US Supreme Court zu verhindern. Erst als dieses Vorhaben 2001 gescheitert war (vgl. Dobusch/Quack 2010), wandte sich Lessig gemeinsam mit einigen weiteren US-Rechtswissenschaftler:innen von Ivy-League-Universitäten wie Harvard und Yale einem ‚Plan B‘ zu, nämlich der Entwicklung privater Lizenzstandards zur Schaffung und Förderung einer globalen Kreativ-Allmende (‚Creative Commons‘).

Konkret wurde noch im Jahr 2001 die gemeinnützige Organisation ‚Creative Commons‘ gegründet: ein Set an gleichnamigen, alternativen Urheberrechtslizenzen (‚Open Content Licenses‘) nach Vorbild der sogenannten Copyleft-Lizenzen im Bereich von → Freier/Open Source Software. ‚Copyleft‘ spielt mit den englischen Wörtern ‚Copyright‘, das ungefähr dem deutschen Begriff des Urheberrechts entspricht, und ‚left‘, dem englischen Wort für ‚überlassen‘. Im Kontext von sogenannten freien Lizenzen nicht nur im Bereich von Software hat sich Copyleft bzw. die Copyleft-Klausel als Bezeichnung für Lizenzbestimmungen etabliert, die die Bearbeitung und (Weiter-)Verbreitung eines Werks unter der Bedingung erlauben, dass das neue Werk unter denselben Lizenzbedingungen veröffentlicht wird wie das verwendete Ausgangsmaterial. Nicht alle Open-Content- bzw. Creative-Commons-Lizenzen verfügen über eine derartige Klausel.

Gegenwärtiger Zustand:
Wenige Jahre nach Gründung hatten sich Creative-Commons-Lizenzen als De-facto-Standard für alternative Urheberrechtslizenzierung etabliert, weshalb beispielsweise auch die reichweitenstarke Online-Enzyklopädie Wikipedia 2009 nach einer Urabstimmung ihre Inhalte unter Creative-Commons-Lizenzen stellte. Schätzungen gingen von knapp 2 Milliarden Creative-Commons-lizenzierten Werken im Jahr 2019 aus (Creative Commons 2020: 6). Besonders starke Verbreitung findet Creative Commons im Bereich von Wissenschaft und Forschung (als Standard für frei zugängliche Open-Access-Publikationen) und offener Lehr- und Lernmaterialien (Open Educational Resources, kurz OER). Im Medienbereich kommt Creative Commons vor allem in der Blogger-Szene, zunehmend aber auch im Kontext öffentlich-rechtlicher Medien (vgl. z. B. Dobusch 2020) zum Einsatz.

Forschungsstand:
Zu Creative Commons wird einerseits im Bereich der Rechtswissenschaften geforscht, wobei sich der Fokus hier von grundsätzlichen Analysen hinsichtlich der (fragwürdigen) Funktionalität privater Regulierungsansätze im Urheberrechtsbereich (vgl. z. B. Dusollier 2005; Elkin-Koren 2005) hin zu konkreten Fragestellungen im Bereich der Anwendung verschoben hat (z. B. Wielsch 2019). Diese operativ-organisationalen Prozesse von Lizenzentwicklung, -verbreitung und -anwendung wiederum sind auch Thema sozialwissenschaftlicher Forschung zu Creative Commons, das hier als Standardisierungsorganisation einerseits (z. B. Dobusch et al. 2017) sowie als Werkzeug andererseits (z. B. Liu et al. 2013) zum Forschungsgegenstand gemacht wird.

Literatur:

Creative Commons: Annual Report 2020. https://wiki.creativecommons.org/images/2/20/CC_AnnualReport_2019.pdf [27.12.2020]

Dusollier, Severine: The master’s tools v. the master’s house: Creative commons v. copyright. In: Columbia Journal of Law & Arts, 29, 2005, S. 271-293.

Dobusch, Leonhard: Neues ZDF-Bildungsangebot zum Teil mit Wikipedia-kompatiblen Lizenzen. In: Netzpolitik.org, 2020. https://netzpolitik.org/2020/neues-zdf-bildungsangebot-zum-teil-mit-wikipedia-kompatiblen-lizenzen/ [27.12.2020]

Dobusch, Leonhard; Markus Lang; Sigrid Quack: Open to Feedback? Formal and Informal Recursivity in Creative Commons’ Transnational Standard‐Setting. In: Global Policy, 8(3), 2017, S. 353-363.

Dobusch, Leonhard; Sigrid Quack: Epistemic Communities and Social Movements: Transnational Dynamics in the Case of Creative Commons. In: Djelic, Marie Laure; Sigrid Quack (Hrsg.): Transnational Communities: Shaping Global Economic Governance. Cambridge [Cambridge University Press] 2010, S. 226–251.

Elkin-Koren, Niva: What contracts cannot do: The limits of private ordering in facilitating a creative commons. In: Fordham Law Review, 74, 2005, S. 375-422.

Liu, Chen-Chung; Shu-Yuan Tao; Wei-Hung Chen; Sherry Y. Chen; Baw-Jhiune Liu: The effects of a Creative Commons approach on collaborative learning. In: Behaviour & Information Technology, 32(1) 2013, S. 37-51.

Ostrom, Elinor; Joanna Burger; Christopher B. Field; Richard B. Norgaard; David Policansky: Revisiting the commons: local lessons, global challenges. In: science, 284(5412), 1999, S. 278-282.

Wielsch, Dan: Private Law Regulation of Digital Intermediaries. Forthcoming in European Review of Private Law (2) https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3369592 2019.

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*1980, Univ.-Prof. Dr., Betriebswirt und Jurist, forscht als Professor für Organisation an der Universität Innsbruck zum Management digitaler Gemeinschaften und zu transnationaler Urheberrechtsregulierung. Er ist Mitgründer und wissenschaftlicher Leiter der Momentum-Kongressreihe und des Momentum-Instituts und bloggt regelmäßig bei netzpolitik.org. 2016 wurde er für den Bereich ‚Internet‘ in den ZDF-Fernsehrat entsandt.