Ressort

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Wortherkunft: Der Begriff wurde im 16. Jahrhundert aus dem Französischen entlehnt und basiert auf dem frz. Verb ressortir = zugehören (vgl. Duden Band 7 2001: 671).

Definition:
Der Begriff des Ressorts ist nicht medienspezifisch, sondern auch in anderen Branchen üblich (etwa in der Politik und im Versicherungswesen). Durch die Aufteilung journalistischer Produkte ist er hier aber besonders präsent. Allgemein bezeichnet er einen Geschäftsbereich innerhalb eines Unternehmens oder einer Institution und legt damit die Zuständigkeit des Personals für ein bestimmtes Arbeitsgebiet fest. Begriffe, die eine ähnliche Bedeutung haben, sind Abteilung und Fachbereich (z. B. an Universitäten).

Ressorts sind im Journalismus für die Redaktionsorganisation elementar. Claudia Mast definiert sie daher als „Organisationsbezeichnung für die interne Arbeitsteilung“ (Mast 1994: 277). Jedes Ressort hat in der Regel einen verantwortlichen Ressortleiter, der bei schriftbasierten Publikationen im Impressum erwähnt wird. Die Bedeutung einer Ressortaufteilung zeigt sich auch darin, dass sie im Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen definiert ist. Dort heißt es in Bezug auf das Gehalt von Ressortleitern (§ 2, Punkt 6): „Ressorts im Sinne des Absatzes 1 sind die Sachgebiete Politik, Kultur, Lokales. Bei Wirtschaft, Sport und Provinz ist der Begriff Ressort im Sinne dieser Ziffer gegeben, wenn für diese Sachgebiete mindestens eine Redakteurin/ein Redakteur überwiegend und bestimmungsgemäß tätig ist. Die Einrichtung weiterer Ressorts steht im Ermessen des Verlages“ (DJV 2016: 7).

Darüber hinaus können sich Ressorts in der Einteilung der Redaktionsräume widerspiegeln, indem sie festen Büroarealen zugeordnet sind. Dies unterstützt eine klare Bürostruktur und erleichtert die Arbeits- und Kommunikationsabläufe. Der organisatorische Aspekt der Ressorts befindet sich allerdings seit Jahren in einem Umstrukturierungsprozess, der Ressortgrenzen überwindet (siehe Abschnitt „Gegenwärtiger Zustand“).

Gleichzeitig dienen Ressorts der Rubrizierung des journalistischen Produkts, wodurch eine übersichtliche thematische Gliederung möglich ist und die Zielgruppenansprache konzentriert wird. Die Benennung des Ressorts findet sich in Print-, aber auch Onlinepublikationen gewöhnlich am Kopf der Seite. Die Anordnung der Ressorts innerhalb einer Publikation weist somit auch auf die von einer Zeitung oder Zeitschrift festgelegte Hierarchie hin: Ressorts, die als besonders relevant angesehen werden, sind im vorderen Publikationsteil zu finden (wie Politik und → Wirtschaft), während die Relevanz im hinteren Teil abnimmt – vor allem ‚kleinere Einheiten‘ (vgl. Meier 2002: 346f.) wie Haus & Garten, Motor oder die in Tageszeitungen häufig erscheinenden Magazine zum Wochenende, die aus erzählenden und reportierenden, nicht tagesaktuellen Beiträgen bestehen.

Geschichte:
Die Aufteilung journalistischer Produkte in Ressorts ist eine recht späte Erscheinung: „Ein redaktionelles Selektieren, Gewichten und Plazieren nach Relevanz, wie wir es heute kennen“ (Meier 2002: 111), gab es im 17. und 18. Jahrhundert, den ersten Jahrhunderten des Zeitungsjournalismus, noch nicht: „Die Nachrichten wurden in der Reihenfolge ihres Eintreffens in buntem Durcheinander ohne Überschrift oder sonstige typographische Hervorhebung oder Gliederung gesetzt. […] Als Gliederungshilfe diente lediglich die → Ortsmarke“ (ebd.).

„Immerhin“, fasst Meier zusammen, „lassen sich bei einigen Prestigeblättern […] schon im 18. Jahrhundert erste Rubriken finden, zum Beispiel bei der Magdeburgischen und der Schlesischen Zeitung oder dem Frankfurter Ristretto“ (vgl. Groth 1927, Band 1: 334, zit. n.: Meier 2002: 113). „Es tauchen wiederkehrende Überschriften wie ,Ausländische Begebenheiten‘ oder ,Parlamentssachen‘ auf“ (vgl. Wilke 1999: 393, zit. n. Meier 2002: 113). Erst während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gliederten sich die Zeitungsredaktionen in die „Kernressorts, die bis heute bestimmend sind“ (Meier 2002: 110, 119ff., siehe auch → redaktioneller Journalismus). Großen Anteil, besonders für das → → Lokalressort, hatte die Einführung der ,Generalanzeiger‘, die sich überwiegend durch Anzeigen finanzierten und Stoff für die breiten Massen boten, darunter das 1872 gegründete Berliner Tageblatt (vgl. Meier 2002: 124f.; vgl. auch Schneider/Raue 1998: 228).

Gegenwärtiger Zustand:
Zu den Kernressorts in der journalistischen Berichterstattung gehören Politik, Wirtschaft, → Sport und → Kultur (vgl. Burkhardt 2009: 103ff.; Meier 2002: 425) sowie ein Ressort, das alle nicht-politischen Nachrichten aufgreifen kann, die auch in kein anderes Ressort eingeordnet werden können: Es wird meist „Vermischtes“, „Aus aller Welt“ oder „Panorama“ genannt und befasst sich überwiegend mit Human-Touch-Themen, Kriminalität, Unglücken, → Prominenz, Verbraucherfragen und Unterhaltung.

Weitere gängige Mantelressorts sind u. a. Medien, Reise, Ratgeber, Gesundheit und → Wissenschaft, die jeweils auch eigene Formen des professionellen Journalismus bilden (→ Typen und Formen). Eine Sonderstellung bei den Ressorts hat das → Lokale, da seine Fokussierung nicht auf Themen, sondern auf die räumliche Berichterstattung ausgerichtet ist. Der Lokaljournalismus bündelt alle Ressorts, die auch überregional geläufig sind, nur eben für einen engeren geographischen Radius (wie Stadt, Kreis oder Bezirk). Auch hier kann eine Ressortverantwortlichkeit vorgenommen werden sowie eine gesonderte Blattstruktur existieren. Am häufigsten ist dabei der Lokalsport von der übrigen Lokalberichterstattung getrennt.

Die Digitalisierung sorgt seit einigen Jahren für einen Umbruch in der Organisation insbesondere der Mantelredaktionen: Neben der bislang strikten Trennung der Medien, die durch → crossmediale Entscheidungen und Formate aufgelöst wird, wandelt sich auch die räumliche Aufteilung der Redaktionen. Fachkompetenzen und Ressorts bleiben zwar bestehen (siehe auch → Journalist), die „Ressortautonomie“ (Meier 2002: 356) schwindet jedoch, ressortübergreifendes Recherchieren und Schreiben wird erforderlich (→ Newsroom). Dadurch ist ihre inhaltliche Mitarbeit „nicht mehr beschränkt auf den eigentlichen Ressortbereich, sondern muß sich öffnen für das gesamte Produkt“ (Meier 2002: 389f.). Die Anpassung dieser „Binnendifferenzierung“ (ebd.: 424), die kritisch auch als Ghettoisierung bezeichnet wurde (ebd.: 426), soll der jeweiligen Publikation eine bessere Profilbildung ermöglichen (vgl. ebd.: 406f.).

Forschungsstand:
Die wissenschaftliche Forschung berücksichtigt alle klassischen und neugebildeten Ressorts sowie die damit verbundenen journalistischen Tätigkeitsprofile (siehe z. B. Weichert/Elter/Welker 2012ff.).

Durch die Weiterentwicklung der Kommunikationsmittel und deren zunehmende Komplexität entsteht ein öffentlicher Bedarf, Informationen, Situationen und Möglichkeiten der Technik zu erklären und einzuordnen – Aufgaben, die auch dem Journalismus und der Journalistik zu eigen sind. Daher werden für die Berichterstattung neue Ressorts erschlossen (wie die „Netzwelt“ bei Spiegel online oder das Digitalressort der Süddeutschen Zeitung) und diese in der Wissenschaft beachtet. Diesbezüglich spielt auch der investigative Journalismus eine immer wichtigere Rolle, zumal er in manchen Redaktionen mittlerweile eine eigene Abteilung bildet, also ein themenunabhängiges Ressort, das die Recherchemethode hervorhebt (etwa bei der Bild-Zeitung, der Zeit, beim Westdeutschen Rundfunk und beim Norddeutschen Rundfunk).

Die Neustrukturierung redaktioneller Zuständigkeiten wird ebenfalls analysiert: Studien loten deren Chancen und Risiken aus. Einerseits werde durch ressortübergreifende Kooperation die Arbeit flexibler und teamorientierter (Mayer 2013: 141, zit. n. Rankl 2014: 23), bündele Wissen und bewirke dadurch eine höhere Qualität der produzierten Beiträge (vgl. Meier 2002: 404). Dem stünden Nachteile wie ein größerer „Zeitaufwand für Koordination“, „Kompetenzgerangel“ sowie „mögliche Abstimmungsprobleme“ gegenüber (ebd.: 404; zur Entwicklung siehe auch Mast 2018: 257ff.).

Letztlich sind aber auch mikrothematische Forschungen zur Ressortarbeit zu finden: Sie gehen etwa der Frage nach, wie sich Ressorts bei der Nachrichtenauswahl bzgl. der → Nachrichtenfaktoren unterscheiden. So stellte Dagmar Rankl fest (2014: 61), dass auch durch ,hard news‘ geprägte Ressorts wie Politik und Wirtschaft inhaltlich aufweichen, indem viele der dort publizierten Artikel häufig eher „den soft news zuzuordnen“ sind, wenn sie z.B. „Zerstreuungsthemen“ oder Skandale aufbereiten (ebd.).

Literatur:

Burkhardt, Steffen: Praktischer Journalismus. München [Oldenbourg] 2009.

Deutscher Journalistenverband e.V.: Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen. Gültig ab 1. Januar 2016. Bonn, 2016. https://www.djv.de/fileadmin/user_upload/2016_06_29_GTV_TZ.pdf

Dudenredaktion (Hrsg.): Duden, Band 7. Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. 3. Auflage. Mannheim [Dudenverlag] 2001.

Groth, Otto: Die Zeitung. Ein System der Zeitungskunde (Journalistik). Bände 1-4. Mannheim/Berlin/Leipzig [J. Bensheimer] 1927-1930.

Mast, Claudia: Journalistische Themen und Ressorts. Beispiele für attraktive Konzepte im Journalismus. In: Mast, Claudia (Hrsg.): ABC des Journalismus. Ein Leitfaden für die Redaktionsarbeit. 7. Ausgabe. Konstanz [Ölschläger/UVK-Medien] 1994, S. 277-279.

Mast, Claudia (Hrsg.): ABC des Journalismus. Ein Handbuch. 13. Ausgabe. Köln [Herbert von Halem Verlag] 2018.

Mayer, Ansgar: Digital first. Und dann…? Die zentralen Herausforderungen für Deutschlands Medienhäuser. In: Kramp, Leif; Leonard Novy; Dennis Ballwieser; Karsten Wenzlaff (Hrsg.): Journalismus in der digitalen Moderne. Einsichten, Ansichten, Aussichten. Wiesbaden [Springer VS] 2013, S. 141-146.

Meier, Klaus: Ressort, Sparte, Team. Wahrnehmungsstrukturen und Redaktionsorganisation im Zeitungsjournalismus. Konstanz [UVK] 2002.

Rankl, Dagmar: Ressorts im Zeitalter von Medienwandel und Boulevardjournalismus. Themenwahl als Qualitätskriterium. Wiesbaden [Springer Gabler] 2014.

Schneider, Wolf; Paul-Josef Raue: Handbuch des Journalismus. Reinbek [Rowohlt] 1998.

Störl, Susann: Fernsehnachrichten im Unterhaltungszeitalter. Eine Untersuchung der Berichterstattung im Boulevardstil und ihrer Auswirkungen auf die klassischen journalistischen Anforderungen an Nachrichten. Norderstedt [GRIN] 2007.

Weichert, Stephan; Andreas Elter; Martin Welker: Journalismus Bibliothek. Basiswissen für die Medienpraxis. Köln [Herbert von Halem Verlag] 2012ff.

Wilke, Jürgen: Die Zeitung. In: Fischer, Ernst; Wilhelm Haefs, York-Gothart Mix (Hrsg.): Von Almanach bis Zeitung. Ein Handbuch der Medien in Deutschland 1700-1800. München [C.H. Beck] 1999, S. 388-402.

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*1979, hat Diplom-Journalistik und Germanistik an der Technischen Universität Dortmund studiert. Er arbeitet als freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Print und Online und war von 2016 bis 2019 redaktioneller Leiter des Journalistikons. Seine Diplomarbeit über Metaphern und Redewendungen im politischen Kommentar erschien 2014 im Verlag Springer VS (Wiesbaden). Zudem gehört er zu den Autoren des Lehrbuchs Stilistik für Journalisten (2010), das ebenfalls bei Springer VS veröffentlicht wurde. Neuerscheinung: Wer nicht alle Tassen im Schrank hat, sollte mal in der Spülmaschine nachschauen (2021) bei tredition und als E-Book bei tolino media.