Alliteration

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Wortherkunft: Zusammensetzung aus lat. ad = bis zu, bis nach; lat. littera = Buchstabe (vgl. Dudenredaktion 2007: 124)

Die Alliteration ist ein rhetorisches Stilmittel, das im Journalismus vor allem typographisch genutzt wird und hierbei in Überschriften bewusste Anwendung findet – vor allem bei weichen Themen. Sie wird auch Stabreim oder Anreim genannt und bezeichnet einen gleichen „Anlaut der betonten Silben aufeinanderfolgender Wörter“ (Dudenredaktion 2007: 124; Dudenredaktion 2010: 72). Es geht also um Wörter, bei denen die Hauptbetonung auf der Anfangssilbe liegt. Der Duden bringt als Beispiel die Formulierung Wind und Wetter (Dudenredaktion 2010: 72). Da auf diese Weise die Anfangsbuchstaben oder Anfangssilben auch in einer Verszeile gleich klingen, war der Stabreim in der germanischen Dichtung üblich. Er wurde im 9. Jahrhundert jedoch vom Endreim (Verduften oder schuften?) verdrängt (vgl. Langermann/Felgentreu 2006: 238).

Alliterationen sind visuell und sprachlich auffällig. Darüber hinaus geben sie Textzeilen eine Struktur und damit einen Rhythmus. Sie werden in journalistischen Überschriften meist in Zweier- oder Dreiergruppen arrangiert, können Kombinationen (Pointen, Pop und Poesie) und Ähnlichkeiten markieren (Kunst oder Kitsch?), aber auch Gegensätze akzentuieren (Himmel und Hölle) (vgl. Kurz 2010: 315).

Auch wenn sie weniger für faktische Nachrichten geeignet sind, sind sie nicht auf bestimmte Ressorts begrenzt, sondern finden sich thematisch vielfältig wieder – etwa, wenn eine Kulturkritik mit Musical im Miniformat überschrieben ist oder ein Frauenmagazin eine Fotoreportage mit So schön schwanger betitelt. Ein Artikel im Lokalteil der Westdeutschen Zeitung über die Chancen, in einer Kleinstadt ein Kino anzusiedeln, trägt die Überschrift Wunsch und Wirklichkeit (30.06.2012), während die Salzburger Nachrichten unter dem Titel Der Höllenritt am Hahnenkamm über die Ski-Abfahrt in Kitzbühel berichten (17.01.2015). Im Sportjournalismus finden sich ebenso Alliterationen (Krimi in Krakau über ein entscheidendes Spiel bei der Handball-EM 2016) wie in Ratgebern: So lautete ein Titelthema der Apotheken-Umschau (15.02.1016): Raus aus der Routine, während im gleichen Heft auf Seite 4 ein Beitrag Mit Wonne in die Wanne heißt. Letztlich lassen auch ernste Themen durchdachte Alliterationen zu, etwa ein Geschichtsporträt namens Krupp und der Krieg.

Alliterationen sind aufgrund ihres visuellen und eingängigen Charakters leicht zu merken. Daher eignen sie sich auch als Sendungstitel (titel, thesen, temperamente / ARD) und sind in der Wirtschaft ein längst etabliertes Stilmittel, um eine Marke oder ein Markenprodukt darauf aufzubauen (Coca-Cola, Tom Tailor, Müllermilch, KitKat) sowie Slogans zu generieren. Diese werden auch Claims genannt und können einen hohen Bekanntheitsgrad erreichen wie Geiz ist geil (Saturn), Freude am Fahren (BMW) oder Milch macht müde Männer munter (Westdeutsche Milchwirtschaft) (vgl. Hars 1999).

Die typographische wie auch sprachliche Stärke von Alliterationen beweist auch ein Blick in die literarische Gattung der Comics: Figuren wie Fix & Foxi, Lucky Luke, Micky Maus, Donald Duck, Bugs Bunny und die Fantastic Four sind nur einige Beispiele, die Nutzen und Tradition dieses Stilmittels für diverse Mediengenres veranschaulichen.

Literatur:

Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Deutsches Universalwörterbuch. 6. Auflage. Mannheim [Dudenverlag] 2007

Dudenredaktion (Hrsg.): Duden, Band 5. Das Fremdwörterbuch. 10. Auflage. Mannheim/Zürich [Dudenverlag] 2010

Hars, Wolfgang: Lexikon der Werbesprüche. 500 bekannte deutsche Werbeslogans und ihre Geschichte. Frankfurt/M. [Eichborn] 1999

Kurz, Josef: Die Überschrift (Der Titel). In: Kurz, Josef; Daniel Müller; Joachim Pötschke, Horst Pöttker; Martin Gehr: Stilistik für Journalisten. 2. Auflage. Wiesbaden [VS Verlag für Sozialwissenschaften] 2010, S. 299-321

Langermann, Detlef; Simone Felgentreu (Hrsg.): Duden. Basiswissen Schule. Deutsch. 2. Auflage. Mannheim [Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG / Dudenverlag] 2006

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Martin Gehr
*1979, hat Diplom-Journalistik und Germanistik an der Technischen Universität Dortmund studiert. Er arbeitet als freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Print und Online und war von 2016 bis 2019 redaktioneller Leiter des Journalistikons. Seine Diplomarbeit über Metaphern und Redewendungen im politischen Kommentar erschien 2014 im Verlag Springer VS (Wiesbaden). Zudem gehört er zu den Autoren des Lehrbuchs Stilistik für Journalisten (2010), das ebenfalls bei Springer VS veröffentlicht wurde. Neuerscheinung: Wer nicht alle Tassen im Schrank hat, sollte mal in der Spülmaschine nachschauen (2021) bei tredition und als E-Book bei tolino media.