Podcast

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Wortherkunft: Podcast ist ein Kofferwort, das sich aus den englischen Wörtern ‚pod‘ und ‚cast‘ zusammensetzt. ‚Cast‘ bedeutet Radio- oder Fernsehsendung, ‚Pod‘ bezieht sich auf den iPod, den MP3-Player des US-Konzerns Apple, der die Entwicklung des Podcasts in den ersten Jahren maßgeblich vorangetrieben hat. Neuerlich wird ‚pod‘ auch als ‚play on demand‘ aufgelöst.

Definition:
Bei einem Podcast handelt es sich um eine digitale Audiodatei, die über eine Internetverbindung auf einem digitalen Endgerät wie einem Smartphone oder MP3-Player direkt angehört werden kann (Streaming). Die Audiodatei kann aber auch auf das Endgerät heruntergeladen werden (Download). Damit ist die Datei für den Medienkonsumenten jederzeit verfügbar und nutzbar (‚on demand‘). Der Begriff Podcast bezeichnete ursprünglich eine ganze Sendereihe, inzwischen hat er sich im allgemeinen Sprachgebrauch auch für einzelne Folgen einer Reihe etabliert.

Podcasts sind in der Regel wortbasiert und bestehen meist aus Gesprächen. Der Musikanteil ist gering und dient lediglich der Untermalung bzw. der Kennzeichnung, z. B. in Form eines Intros. Es gibt Podcasts mit journalistischem Charakter, es existieren allerdings auch Formate, die der reinen Unterhaltung dienen, wie z. B. Comedy-Podcasts.

Die journalistischen Formate lehnen sich teilweise an die des → Hörfunks an: Es dominieren → Interviews mit einem Moderator (‚Host‘) und einem oder mehreren Studiogästen. Daneben gibt es Magazin-artige Podcasts und einige → Reportage-Formate, die aus längeren gebauten Beiträgen mit → O-Tönen von szenischen Ereignissen und Interviewpartnern bestehen. Es sind aber auch Podcast-spezifische Formate vertreten wie die One-Man/Woman-Show, bei der ein einzelner Host den gesamten Podcast bestreitet. Dieses Format ist häufig bei Amateuren und semiprofessionellen Produzenten vorzufinden.

Ein weiteres medienspezifisches Format ist der Dialog, bei dem zwei feste Hosts sich gegenseitig Sachverhalte erklären oder Meinungen zu einem Thema austauschen. Eine sehr populäre Variante des Dialogs ist der sogenannte Laber-Podcast, bei dem sich die Beteiligten ohne vorab festgelegte Dramaturgie austauschen und sich nur an gewissen thematischen Ankerpunkten orientieren. Im Mittelpunkt stehen dabei persönliche Eindrücke und Anekdoten, die mit Smalltalk und zotigen Sprüchen garniert werden. Es wird folglich viel ‚gelabert‘.

Während das → Radio gemeinhin als Begleitmedium für andere Tätigkeiten (Aufräumen, Körperpflege etc.) gilt, nutzt die Mehrheit der Medienkonsumenten Podcasts bewusst und aktiv. Podcast-Hörer schalten also nicht wie beim Radio ein laufendes Programm ein, dessen → Inhalt sie möglicherweise nicht kennen, sondern treffen bewusst eine inhaltliche Vorauswahl. Podcasts sind oft tiefgehender und umfangreicher als die heute zumeist kürzeren Wortbeiträge des Rundfunks. Die durchschnittliche Länge beträgt zwischen 30 und 45 Minuten.

Geschichte:
Die bisherige Entwicklung des Podcastings lässt sich in eine Experimentierwelle (2004 bis ca. 2009) und eine Etablierungswelle (seit 2017) unterteilen (vgl. Frühbrodt/Auerbacher 2021: 18). Als Vater des Podcastings gilt Adam Curry. Der MTV-Moderator lancierte 2004 seinen Podcast The Daily Source Code, eine Art Audio-Tagebuch, das schnell Popularität erlangte. Ein Jahr später brachte Apple eine neue Software für seinen Musikdienst iTunes heraus: Diese ermöglichte es Nutzern erstmals, Podcasts wie einzelne Musiktitel oder -alben auf ihre digitalen Endgeräte wie den iPod herunterzuladen. Damit mussten Podcasts nicht mehr über die Internet-Auftritte der Produzenten oder über die Webseiten (heute Apps) verschiedener Aggregatoren wie Overcast oder Pocket Casts abonniert werden.

Während der Experimentierwelle waren es zunächst vor allem einzelne Pioniere, die das Podcasting als basisdemokratisches Medium verbreiten wollten: Es sollte einfachen Bürgern ermöglichen, sich als Medienproduzenten zu artikulieren. In Deutschland gehörten zu den Vorreitern der Podcast Schlaflos in München von Larissa Vassilian alias Annik Rubens und lemotox – die Volksentdummung von Peter Marquardt. Aber auch die ARD und einige private Medienhäuser wie der Spiegel-Verlag und der Heise-Verlag experimentierten mit dem neuen Medium. Die Angebote wurden allerdings nicht sehr stark genutzt, sodass die erste Welle nach einigen Jahren wieder verebbte.

In Deutschland setzte ab etwa 2017 die Etablierungswelle ein, mit der sich Podcasts dauerhaft im täglich genutzten Medienensemble verankerten. 2014 produzierte die Journalistin Sarah Koenig in den USA den Podcast Serial. Dieser aufwändig recherchierte und gestaltete Podcast über einen spektakulären Mordfall in Baltimore sorgte international für Furore und wirkte als Initialzündung für eine neue Podcast-Welle. Die sehr viel größere Verbreitung wurde aber auch durch stark verbesserte technisch-ökonomische Rahmenbedingungen möglich: Zum einen nutzten ab dieser Zeit immer mehr Menschen Smartphones zum Medienkonsum, was die Verfügbarkeit von Podcasts enorm steigerte. Zum anderen drängten immer mehr Musik-Streamingdienste auf den Markt. Vor allem der schwedische Anbieter Spotify, schärfster Konkurrent des bisherigen Marktführers Apple, setzt auf Podcasts, um ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Plattformen zu erreichen. Dazu produziert Spotify zahlreiche eigene Podcasts.

Ab 2017 nahmen in Deutschland zahlreiche Medienhäuser ihre Podcast-Aktivitäten wieder auf oder stiegen neu in den Markt ein: Die ARD-Hörfunksender, der Spiegel-Verlag, der ZeitVerlag und zahlreiche regionale Tageszeitungen wie die Rheinische Post. Der Medienwissenschaftler Fabio Bonini (Bonini 2015: 22-25) attestiert dem Podcasting in den USA ab 2014 eine starke Professionalisierung, von der sich ab 2017 auch in Deutschland sprechen ließe: Reine Amateure und semiprofessionelle Produzenten geraten zunehmend in den Hintergrund, während professionelle Medienmacher verschiedenster Provenienz das Ruder übernehmen und den Markt dominieren.

Gegenwärtiger Zustand:
Über die Jahre hat sich ein vollständiges technisch-ökonomisches Ökosystem für Podcasts herausgebildet. Am Anfang dieser Wertschöpfungskette stehen die Produzenten, die für die kreative Erstellung der Podcast-Konzepte und Sendungsinhalte verantwortlich sind. Dieses sind neben Privatpersonen vor allem etablierte Medienhäuser: Tages- und Wochenzeitungen, Zeitschriften verschiedenster Art, die öffentlich-rechtlichen Hörfunksender, einzelne Privatsender sowie auf Podcasts spezialisierte Produktionsfirmen. Darüber hinaus produzieren auch zahlreiche Prominente wie Schauspieler oder → Influencer Podcasts.

Im mittleren Abschnitt der Wertschöpfungskette gruppieren sich verschiedene Dienstleister wie z. B. Produktionsstudios und Werbevermarkter. Am Ende der Kette befinden sich die Audio-Streamingdienste, die über eigene Tochtergesellschaften auch Teile der vorgelagerten Wertschöpfung kontrollieren. In Deutschland war 2021 Spotify mit einem Marktanteil von 48,5 Prozent Marktführer vor der Videosharing-Plattform YouTube, auf die Podcasts in Form von Videodateien mit Audiospur und Standbild hochgeladen werden können. Es folgten Amazon Music/Audible zusammen mit rund einem Drittel Marktanteil sowie die ARD Audiothek mit knapp 18 Prozent. Abgeschlagen waren Apple Podcasts und die RTL-Plattform Audio Now (Bayerische Landeszentrale für neue Medien et al. 2021: 34).

Die Nutzung von Podcasts hat in Deutschland in den vergangenen Jahren sehr stark zugenommen. Allerdings weichen die Zahlen in den jeweiligen Erhebungen teilweise noch signifikant voneinander ab. So gibt der Online Audio Monitor der Landesmedienanstalten die Quote der über 14-Jährigen in der Gesamtbevölkerung, die mindestens einmal pro Monat Podcasts hören, für 2021 mit 29,6 Prozent an (Bayerische Landeszentrale für neue Medien et al. 2021: 56). Die ARD/ZDF-Onlinestudie hat in ihrer ebenfalls repräsentativen Umfrage dagegen 36 Prozent gelegentliche Hörer ermittelt. Näher beieinander liegen die Werte der Mediennutzer, die Podcasts mehrmals pro Woche oder gar täglich anhören: Der Online Monitor beziffert diese auf 17,4 Prozent, die ARD/ZDF-Onlinestudie auf 16 Prozent (Mai/Reichow 2021: 512-513).

Tendenziell nutzen eher Jüngere, vor allem die Alterskohorte der 14- bis 29-Jährigen, sowie Personen mit einer formal höheren Bildung Podcasts. Thematisch an erster Stelle rangieren Podcasts mit Informationen über Politik und Gesellschaft, Naturwissenschaften und Technik sowie → Nachrichten-Podcasts. Fast genauso viele – knapp die Hälfte der Hörerschaft – hört Podcasts, bei denen Unterhaltung und Comedy im Mittelpunkt stehen (Bayerische Landeszentrale für neue Medien et al. 2021: 62).

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Podcasts in Deutschland seit einigen Jahren einen Boom erleben und dabei sind, sich im alltäglichen Medienensemble der Nutzer zu etablieren – vor allem bei jüngeren Medienkonsumenten. Damit einher geht nicht nur ein immer größeres Angebot von Podcasts, sondern auch eine zunehmende Professionalisierung der Produktion. Eine Kommerzialisierung in Gestalt von besonders vielen werbefreundlichen, unterhaltenden Inhalten hat bisher aber allenfalls in Ansätzen stattgefunden. Denn der Werbemarkt für Podcasts gilt bislang als überschaubar.

Forschungsstand:
Podcasts und Podcasting sind nicht sehr ausgiebig erforscht. Bislang sind vor allem Ratgeber für die Podcast-Produktion veröffentlicht worden (z. B. Hammerschmidt 2020). Unternehmensberatungen und Werbeagenturen haben diverse Umfragen zu Podcasts veröffentlicht, u. a. zur Werbeakzeptanz. Die ARD-Medienforschung hat sich in einzelnen Artikeln vor allem mit den Rezeptionsgewohnheiten der Nutzer beschäftigt (z. B. Reichow/Schröter 2020).

Als international wegweisend für die Experimentierphase des Podcastings und den Start der Etablierungswelle ab 2014 gelten die Veröffentlichungen von Bonini (2015) und Berry (2015). In Deutschland haben Lührmann (2019) und Liss (2020) erste explorative Studien herausgebracht. Den ersten größeren Überblick über die Entwicklungen auf dem deutschen Markt haben Frühbrodt/Auerbacher (2021) geliefert.

Literatur:

Bayerische Landeszentrale für neue Medien et al.: Online-Audio-Monitor 2021. September 2021. München. https://www.online-audio-monitor.de/wp-content/uploads/Bericht-OAM_2021.pdf [01.12.2021]

Berry, Richard: Serial and Ten Years of Podcasting: Has the Medium Grown Up? In: Oliviera, Madalena, Fabio Ribeiro (Hrsg.): Radio, Sound and Internet. Proceedings of Net Station International Conference. Braga [CECS E-Book] 2015, S. 299-309.

Bonini, Tiziano: The ‚Second Age‘ of Podcasting: Reframing Podcasting as a New Digital Mass Medium. In: Quaderns del CAC, Vol. XVIII, 41, Juli 2015, S. 21-30.

Frühbrodt, Lutz; Ronja Auerbacher: Den richtigen Ton treffen. Der Podcast-Boom in Deutschland. OBS-Arbeitsheft 106. Frankfurt am Main [Otto Brenner Stiftung] 2021.

Hammerschmidt, Doris: Das Podcast-Buch. Strategie, Technik, Tipps – mit Fokus auf Corporate Podcasts von Unternehmen & Organisationen. Freiburg usw. [Haufe] 2020.

Liss, Martin/XPLR: Hören on Demand: Podcasts revolutionieren die Audio-Welt. München [BAVARIA/Medien.Bayern GmbH] 2020. https://reports.xplr-media.com/de/podcast/podcasts-revolutionieren-audio-welt?utm_source=Landingpage&utm_medium=ButtonOnlineLesen&utm_campaign=FormularWebmagPodcast [01.12.2021]

Lührmann, Katharina: Podcasts als Raum politisch-medialer Kommunikation. Baden-Baden [Tectum] 2019.

Mai, Lothar; Dennis Reichow: Radio- und Audionutzung 2021. Ergebnisse aus den ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends und der ARD/ZDF-Onlinestudie. In: Media Perspektiven, 10, 2021, S. 504-517.

Reichow, Dennis; Christian Schröter: Audioangebote und ihre Nutzungsrepertoires erweitern sich. Ergebnisse der ARD/ZDF-Online-Studie 2020. In: Media Perspektiven, 9, 2020, S. 501-515.

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Lutz Fruehbrodt
Prof. Dr., leitet seit 2008 den Master-Studiengang „Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation“ an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS). Von 2008 bis 2013 hielt er eine Stiftungsprofessur der Vogel-Stiftung Dr. Eckernkamp inne. Der promovierte Ökonom arbeitete von 2000 bis 2008 als Technologie-Reporter in der Wirtschaftsredaktion der „Welt“-Gruppe. Er publiziert vor allem über mediensoziologische und medienökonomische Themen sowie über Wirtschaftskommunikation.