Medienrecht

Eine Einführung von Tobias Gostomzyk

Wortherkunft: Kompositum aus den Substantiven ‘Medien’ (von lat. medium bzw. medius = in der Mitte befindlich, dazwischen liegend) und ‘Recht’ (von ahd. reht = aufrichten, gerade richten)

Medienrecht ist ein Begriff neuerer Zeit. Er lässt sich in keinem Gesetz finden, sondern bildet den Oberbegriff zum Recht der einzelnen Medien wie der Presse, dem Rundfunk oder dem Film. So lassen sich unter Medienrecht die für Medien relevanten Rechtsnormen verstehen. In Deutschland hat sich diese Begriffsbildung Mitte der 1980er Jahre etabliert. Bedeutsam hierfür waren das Aufkommen neuer Verbreitungstechniken für Rundfunkinhalte (z. B. Kabel, Satellit), die Einführung des privaten Rundfunks sowie die Entwicklung neuer Medienangebote (z. B. Videotext, Bildschirmtext). Diese tatsächlichen Entwicklungen führten wiederum zu weiteren Rechtsregeln. In Folge entwickelte sich das Medienrecht als komplexes Rechtsgeflecht, das fortlaufend durch Gesetzgebung, Rechtsprechung, Wissenschaft und soziale Praxis geändert und ergänzt wird.

Das Medienrecht bildet keine einheitliche Rechtsmaterie. Vielmehr handelt es sich um eine Querschnittsmaterie, die Normen verschiedener Gesetze zusammenfasst. Kernbereich des Medienrechts bilden rechtliche Vorgaben für Presse, Rundfunk, Film sowie Multimedia und Internet. Der Begriffshof des Medienrechts ist allerdings weiter. Er umfasst auch Normen, die nicht von vornherein als Spezialrecht für Medien einzuordnen sind, aber auch auf diese Anwendung finden. Zu nennen sind z. B. das Marken- und Wettbewerbsrecht oder das allgemeine Vertragsrecht. Im Übrigen gibt es Überschneidungen zu anderen rechtlichen Querschnittsbereichen wie dem IT- und Multimediarecht.

Für das Medienrecht existiert keine einheitliche Gesetzgebungskompetenz. Einschlägige Vorschriften gibt es auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene. Überdies lässt sich das Medienrecht nicht einem einzigem Rechtsgebiet zuordnen, sondern umfasst Vorschriften des Zivilrechts, des Strafrechts sowie des Verfassungs- und Verwaltungsrechts. Längere Zeit war es außerdem geläufig, das Medienrecht als rechtliche Ordnung der Massenkommunikation einzuordnen – und es so von der rechtlichen Ordnung der Individualkommunikation abzugrenzen. Unter Bedingungen von Digitalisierung und damit einhergehender Medienkonvergenz verliert ein solches Verständnis allerdings an Bedeutung, weil zunehmend hybride Medienformen (z. B. Social-TV, die kommunikative Verbindung aus Fernsehen und sozialen Netzwerken) entstehen, die nicht nur vorgefertigte Inhalte für ein größeres Publikum anbieten, sondern auch individuelle Partizipation und Interaktion erlauben.

Enger als der Begriff des Medienrechts ist der Begriff des Rechts für Journalisten. Wiederum als Querschnittsmaterie bündelt er unterschiedliche Normen verschiedener Gesetze, die für das professionelle Handeln von Journalisten bedeutsam sind. Damit überschneidet sich auch der wohl auf Fechner/Wössner zurückgehende Begriff des Journalistenrechts mit dem Medienrecht, ist aber enger als dieser zu verstehen. Weiter ist zu beachten, dass gerade die mit der Digitalisierung einhergehenden technischen Chancen und Risiken die journalistische Praxis erheblich verändern – und damit zugleich die an das Recht für Journalisten bestehenden normativen Erwartungen.

Literatur:

Beater, Axel: Medienrecht. 2. Auflage. Tübingen [Mohr Siebeck] 2016

Branahl, Udo: Medienrecht. Eine Einführung. 7. Auflage. Wiesbaden [VS Verlag für Sozialwissenschaften] 2013

Fechner, Frank; Axel Wössner: Journalistenrecht. Ein Leitfaden für Medienschaffende: Social Web, Online, Hörfunk, Fernsehen, Print. 3. Auflage. Tübingen [Mohr Siebeck] 2015

Tobias Gostomzyk
Prof. Dr., ist Hochschullehrer für Medienrecht am Institut für Journalistik der TU Dortmund. Seinen Forschungsschwerpunkt bildet der Wandel des Medienrechts angesichts der Digitalisierung und Technisierung der Medienpraxis. Hinzu kommen Fragen der Rechtskommunikation. Tobias Gostomzyk hat einen Einführungsbeitrag zum Thema → Medienrecht geschrieben.

Beiträge aus der Kategorie

Ein Buch symbolisiert CC Creative Commons, Allmende von geistigem Eigentum

Creative Commons

0
Der Begriff ‚Creative Commons‘ bedeutet übersetzt ‚kreative Allmende‘ oder ‚kreative Gemeingüter‘ und bezeichnet sowohl ein Set an standardisierten Urheberrechtslizenzen als auch die für diese Lizenzstandards verantwortliche, gemeinnützige Organisation mit Sitz in den USA.

Medienstaatsvertrag

0
Medienstaatsvertrag beendet die Ära des Rundfunkstaatsvertrags Wortherkunft und Definition: Zusammengesetztes Nomen aus ‚Medien’ – von lat.: medius = in der Mitte, vermittelnd; daher Medien als ‚Information...
Chatbots wie ChatGPT

Chatbot

0
Ein Chatbot ist ein Programm, das mit Menschen kommunizieren kann, indem es natürliche Sprache verarbeitet (durch Natural Language Processing, NLP). Für einen Chatbot kann Künstliche Intelligenz genutzt werden, um seine Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern.

Zensur

0
Zensur – und die Wiederbelebung des Zensurverbots Definition und gegenwärtiger Zustand: a. Nur Vorzensur wird verboten Was in der rechtswissenschaftlichen Literatur als ‚Zensur‘ bezeichnet wird, ist genauer betrachtet...

Auskunftsanspruch

0
Definition: Der Begriff ‚Auskunftsanspruch‘ meint die Pflicht der Behörden, den Vertretern der → Massenmedien die Informationen zu geben, die diese benötigen, um ihre öffentliche Aufgabe...
Impressum Foto in einem Wörterbuch markiert

Impressum

0
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird gesetzlich Auskunft über Person des Herausgebers und anderen am Druckprozess Beteiligten verlangt. Modellgebend für das Impressum im heutigen Medienrecht ist das Presserecht (der gedruckten Presse).

Urheberrecht

0
Das Urheberrecht als kulturelles Instrument zum Schutz von Autor:innen Wortherkunft: Der Begriff Urheber geht auf das lateinische ‚auctor‘ zurück und kennzeichnet den Veranlasser oder die...