Eine Einführung von Holger Handstein
Wortherkunft: lat. qualitas = Beschaffenheit, Eigenschaft
Qualität lässt sich als konkrete, individuelle Eigenschaft einer Sache definieren. Sie bezeichnet die Güte einer Ware oder Dienstleistung sowie allgemein die Beschaffenheit einer Einheit in Bezug auf an sie gestellte Forderungen. Bezogen auf Journalismus wird Qualität 1.) wissenschaftlich als Güte entlang verschiedener Merkmalsgruppen (Dimensionen) diskutiert. 2.) hat sich darüber hinaus die Bezeichnung bestimmter überregionaler Medien als Qualitätszeitungen im Sprachgebrauch etabliert.
Die journalistikwissenschaftliche Qualitätsforschung gewann im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts massiv an Bedeutung. Qualitätsforderungen wurden dabei aus verschiedenen Quellen abgeleitet – etwa aus Gesetzestexten und Pressekodizes, aus Vorstellungen des Publikums und von Journalisten selbst oder aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, etwa in Bezug auf → Verständlichkeit oder → Relevanzmessung. In jüngerer Zeit ist die systematische Auswertung von digital erhobenen Nutzungsdaten als weiterer wichtiger Faktor hinzugekommen. Zudem kann die Qualität mithilfe ökonomischer Maßstäbe erfasst werden als Fähigkeit eines journalistischen Produktes, sowohl den individuellen Nutzen der Rezipienten als auch der Anzeigenkunden und weiterer Anspruchsgruppen zu maximieren.
1.) Die zur Diskussion und Messung von Qualität genutzten Kriterien und Dimensionen sind entsprechend heterogen. Sie betreffen ethische Fragen ebenso wie technische und handwerkliche. Beiträge zur Qualitätsdiskussion erörtern, wann → Aktualität gegeben ist, was → Relevanz ausmacht und wie sie erzeugt wird; wodurch sich gute → Recherche auszeichnet und wie bedeutsam → Vielfalt für Qualität im Journalismus ist; welchen Stellenwert gute Vermittlung hat und welche Rolle → Verständlichkeit dabei spielt. Und schließlich: welche Beziehungen und – unter Umständen – Widersprüche zwischen unterschiedlichen Dimensionen der Qualität bestehen. Ein breiter wissenschaftlicher Konsens existiert dabei allenfalls in Bezug auf einzelne Aspekte journalistischer Qualität – etwa die Bedeutung der sachlichen → Richtigkeit journalistischer Informationen oder der Notwendigkeit verständlicher Vermittlung.
Nicht einmal über die Dimensionen, anhand derer Qualität gemessen werden sollte, besteht Einigkeit. Noch viel weniger Übereinstimmungen existieren über konkrete Qualitätsforderungen, die innerhalb dieser Dimensionen zu stellen sind. Einige Dimensionen und Qualitätsforderungen haben sich dennoch als besonders relevant für die Fachdiskussion herauskristallisiert. Neben den bereits genannten Dimensionen sind dies etwa: → Authentizität, → Personalisierung, → Plausibilität, → Quellenvielfalt, → Spannung, → Unabhängigkeit, → Universalität, → Unterhaltsamkeit, → Vollständigkeit und → Wahrhaftigkeit.
2.) Relativ unabhängig von dieser wissenschaftlichen Diskussion ist die Bezeichnung bestimmter – meist überregionaler – Medien wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Süddeutschen Zeitung oder der Zeit als Qualitätszeitungen. Sie basiert nicht auf einer systematischen Prüfung einer oder mehrerer der genannten Qualitätsdimensionen und drückt daher auch nicht die Eigenschaft bestimmter journalistischer Angebote aus, Qualitätsforderungen zu erfüllen. Vielmehr kennzeichnet der Begriff Medien mit besonders hohem Anspruch, etwa an Recherche oder das Themenspektrum, über das berichtet wird. Dadurch liegt allerdings nahe, dass Qualitätszeitungen Qualitätsforderungen bestimmter Gruppen (etwa politischer interessierter Teilöffentlichkeiten) eher erfüllen können als andere Medien.
Literatur:
Handstein, Holger: Qualität im lokalen Zeitungsjournalismus. Theoretischer Entwurf und empirische Fallstudie. München [AVM] 2010
Heinrich, Jürgen: Medienökonomie. Band 1. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt. Opladen [Westdeutscher Verlag] 1994
McQuail, Denis: Media Performance. Mass Communication and the Public Interest. London [Sage] 1992