Symbolfoto

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Wortherkunft: Symbol von lat. symbolum, altgr. sýmbolon = (Kenn)zeichen, für etwas stehend; Foto (Fotografie) von altgr. phōs/graphein = Licht/zeichnen

Der Begriff Symbolfoto oder Symbolbild beschreibt die Art und Weise einer journalistischen Bildverwendung und den dadurch hergestellten Sinnzusammenhang zwischen einem Text und einem dazu publizierten Bild. Im Prozess der journalistischen Bildkommunikation (Isermann 2014: 127) ist das Symbolfoto auf der Ebene des publizistischen Produkts, also der Zeitungs- bzw. Magazinseite oder des Onlineartikels zu verorten. Es beschreibt eine bestimmte Funktion eines journalistischen Medienbildes (Lobinger 2012: 68) als Ergebnis bildredaktioneller Praktiken innerhalb des Medienbetriebs.

Symbolbilder sind insbesondere dann von Relevanz, wenn es in der Berichterstattung nicht um konkrete Ereignisse, sondern abstrakte Themenstellungen geht. Darüber hinaus ist eine symbolische Bebilderung auch visuellen Trends des Editorial-Designs geschuldet. An Relevanz zugenommen hat das Thema durch die publizistische Logik journalistischer Onlinemedien, die eine Bebilderung jedes veröffentlichten Textes erforderlich macht.

Grundsätzlich dienen → Fotografien im Journalismus nicht nur der Informationsvermittlung, sondern auch der Illustration oder der Generierung von Aufmerksamkeit (Schicha 2019: 23). Bucher und Blum unterscheiden sechs verschiedene Bildfunktionen: die darstellende, die organisative, die interpretative, die dokumentarische, die dekorative und die symbolische (Blum/Bucher 1998: 64). Letztere wird als „berichtete Sachverhalte symbolisieren“ definiert.

Der Schweizer Pressekodex spricht dann von Symbolbildern, wenn es „keinen direkten Zusammenhang mit dem Textinhalt“ (Schweizer Presserat 2017: 3.4) gibt. Damit ist gemeint, dass etwa andere Personen als im Text erwähnt abgebildet sind, andere Ereignisse stellvertretend gezeigt werden oder das Dargestellte zu einem anderen Zeitpunkt aufgenommen ist, als die im Text vermittelten Informationen (ebd.).

Der deutsche Pressekodex unterscheidet folgerichtig Ersatz- oder Behelfsillustrationen und symbolische Illustrationen (Deutscher Presserat 2019). Verwendung als Symbolfotos finden Bildnachrichten, Featurefotos, Illustrationen und neuerdings Stockfotografien. Insofern sind Symbolfotos nicht automatisch dem → Fotojournalismus zuzurechnen (vgl. Grittmann 2019: 129).

Die Bedeutung des Symbolfotos und die Komplexität des Umgangs damit wird an der darauf bezogenen Richtlinie 2.2. im deutschen Pressekodex deutlich, wo es um die Wahrung journalistischer Sorgfaltspflicht geht. Es ist die einzige Stelle im Pressekodex, wo bildbezogene Themen konkret Erwähnung finden. Gegenstand des Interesses ist der redaktionelle Umgang mit einem Symbolfoto im publizistischen Kontext.

Der Pressekodex verlangt eine Kennzeichnung, wenn „eine Illustration, insbesondere eine Fotografie, beim flüchtigen Lesen als dokumentarische Abbildung aufgefasst werden (kann), obwohl es sich um ein Symbolfoto handelt“ (Deutscher Presserat 2019: 3). Ähnlich fasst dies der Journalistenkodex des Schweizer Presserats. Der Ehrenkodex des österreichischen Presserats erwähnt den Begriff nicht. Durch die explizite Erwähnung im Pressekodex gibt es die Möglichkeit zur Beschwerde, wenn durch den nicht kenntlich gemachten Einsatz eines Symbolfotos ein irreführender oder falscher Sinnzusammenhang entstehen kann.

Literatur:

Blum, Joachim; Hans-Jürgen Bucher: Die Zeitung: ein Multimedium: Textdesign – ein Gestaltungskonzept für Text, Bild und Grafik. Konstanz [UVK-Medien] 1998.

Deutscher Presserat: Publizistische Grundsätze (Pressekodex), Berlin 2019.

Grittman, Elke: Fotojournalismus und journalistische Bildkommunikation in der digitalen Ära. In: Lobinger, Katharina (Hrsg.): Handbuch Visuelle Kommunikationsforschung. Wiesbaden [Springer VS] 2019, S. 125-143.

Isermann, Holger: Digitale Augenzeugen: Entgrenzung, Funktionswandel und Glaubwürdigkeit im Bildjournalismus. Wiesbaden [Springer VS] 2014.

Lobinger, Katharina: Visuelle Kommunikationsforschung: Medienbilder als Herausforderung für die Kommunikations- und Medienwissenschaft. Wiesbaden [VS Verlag] 2012.

Österreichischer Presserat: Grundsätze für die publizistische Arbeit (Ehrenkodex für die österreichische Presse), https://www.presserat.at/show_content.php?sid=3 [30.07.2020]

Schicha, Christian: Bildethik – normative Ansprüche an visuelle Diskurse im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis, in: Schwender, Clemens; Cornelia Brantner; Camilla Graubner; Joachim von Gottberg (Hrsg.): Zeigen Andeuten Verstecken. Bilder zwischen Verantwortung und Provokation, Köln [Halem] 2019, S. 21-39.

Schweizer Presserat: Journalistenkodex – Richtlinien, 2017. https://presserat.ch/journalistenkodex/richtlinien/ [30.07.2020]

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*1979, Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Studiengang Fotojournalismus und Dokumentarfotografie der Hochschule Hannover. Leitung eines Postdoc-Forschungsprojekts über bildredaktionelle Praktiken im digitalen Zeitungsjournalismus. Arbeitsschwerpunkte: Visuelle Kommunikation, zeitgenössischer Fotojournalismus, visuelle Medienkompetenz. Kontakt: felix.koltermann (at) hs-hannover.de