Sportjournalismus

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Sportjournalismus umfasst die Berichterstattung über Sportveranstaltungen vom Profi- bis zum Amateurbereich und ist in allen bekannten Mediengattungen zu finden. Der Sport ist eines der klassischen Ressorts einer Tageszeitung; im Fernsehen erzielen vor allem Fußballspiele (insbesondere der deutschen Fußball-Nationalmannschaft) häufig sehr hohe Einschaltquoten. Zudem gibt es in diesem Special-Interest-Bereich auch spezielle Zeitschriften wie den kicker oder die Sport Bild und Sender wie Eurosport oder Sky Sport News HD sowie reine Online-Angebote wie DAZN.

Erste Anfänge des Sportjournalismus sind im frühen 18. Jahrhundert zu finden. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts bildete sich Sport als eigenes Ressort in Tageszeitungen heraus. Als sich der Volksempfänger etablierte, wurde Sport auch live im Radio übertragen. Eine neue Dynamik entstand vor allem durch die Gründung der privaten Fernsehsender in den 1980er Jahren.

Rund um Sportereignisse gibt es drei Etappen der Berichterstattung: den Vorbericht, die Liveberichterstattung und den Bericht im Anschluss an den Wettkampf. In den vergangenen Jahren hat die Liveberichterstattung zunehmend an Bedeutung gewonnen, die nicht mehr nur auf Fernsehen und Radio beschränkt ist, sondern auch im Internet zunehmend durch → Live-Ticker und → Live-Streaming durchgeführt wird. Viele Sport-Websites erzielen dadurch einen Großteil ihrer Page Impressions (Klicks).

Eine weitere Aufgabe kommt dem Sportjournalismus auch fernab von Sportveranstaltungen zu: So fallen etwa die Berichterstattung über Sportpolitik, Doping, die Bedeutung des wirtschaftlichen Aspekts, Breitensport und gesundheitliche Aspekte in das Ressort. Häufig wird kritisiert (siehe Schaffrath 2016), dass diese Berichte im Vergleich zur Berichterstattung über Spiele und Wettkämpfe zu stark vernachlässigt werden. Besonders stark wurde das Thema diskutiert, als bekannt wurde, dass der langjährige Radsportjournalist Hartmut Scherzer über die Dopingpraktiken informiert war, ohne darüber zu berichten (siehe Scherzer 2007).

Wie im Politik- und im → Lokaljournalismus wird auch Sportjournalisten mitunter eine zu starke Nähe zu den Protagonisten der Vereine nachgesagt. Die Personalisierung spielt allerdings eine bedeutende Rolle. Infotainment, eine Mischung aus Information und Unterhaltung, ist im Sportjournalismus immer häufiger zu finden, beschreibt Ingemar Pardatscher in seinem Buch „Sportjournalismus im Wandel der Zeit“ (2009, S. 14). Während bei der aktuellen Berichterstattung die → Nachricht und der → Bericht weiterhin dominieren, finden sich im Sportressort alle bekannten → journalistischen Darstellungsformen vom Feature über die Reportage und das Porträt bis hin zum Interview.

Unstrittig ist, dass die meiste mediale Aufmerksamkeit der Sportart Fußball in Deutschland beigemessen wird. Es gibt allerdings keine über alle Mediengattungen hinweg verlässliche Aufschlüsselung, welche Sportarten welchen Raum in der Berichterstattung einnehmen. Nach eigenen Angaben (siehe Sport in der ARD, März 2017) berichtet die ARD jedes Jahr über rund 50 verschiedene Sportarten, zusammen mit den Dritten Programmen sogar über mehr als 100 Sportarten. Bei der Aufteilung der Live-Berichterstattung dominiert Fußball als einzelne Sportart nach Sendestunden. Beim Wintersport mit ca. 15 verschiedenen Sportarten (u.a. Biathlon, Skispringen, Rodeln und Ski Alpin) und bei den sonstigen Sportarten gibt es starke Ausreißer nach oben, wenn im jeweiligen Jahr Olympische Winterspiele bzw. Olympische Sommerspiele stattfinden. Teilweise hängt die Intensität der Berichterstattung davon ab, ob es in der jeweiligen Sportart einen herausragenden deutschen Protagonisten gibt, wie dies zum Beispiel beim Tennis mit Boris Becker und Stefanie Graf, beim Schwimmen mit Franziska van Almsick und bei der Formel 1 mit Michael Schumacher der Fall war.

Die Arbeitsmöglichkeiten für Sportjournalisten sind vielfältig: Neben Sportzeitschriften werden diese Fachjournalisten in Fernsehsendern (öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, Privatfernsehen sowie Pay-TV), im Hörfunk, bei Tages- und Publikumszeitschriften, Nachrichtenagenturen und im Bereich Public Relations gesucht. Aus General-Interest-Medien ist das Sportressort nicht wegzudenken: Selbst die kleinste Lokalredaktion einer Tageszeitung hat in der Regel einen Redakteur, der sich um Sportthemen in seinem Verbreitungsgebiet kümmert. Fast immer ist er als Einzelkämpfer auf freie Mitarbeiter angewiesen, die nicht selten selbst eine aktive Rolle bei dem Verein einnehmen, über den sie die Berichte verfassen und damit eigentlich befangen sind. Teilweise übernimmt das Schreiben der Berichte heute bereits der Computer, wenn strukturiert Daten zu den Sportereignissen erhoben werden. Dies wird als Roboterjournalismus bezeichnet.

Die Ausbildung zum Sportjournalisten ist uneinheitlich: Früher dominierte der Quereinstieg über andere Studienfächer, nach dem Ende einer aktiven Sportlerkarriere oder durch langjährige freie Mitarbeit. Damals wie heute spielt es zwar keine Rolle, was ein angehender Sportjournalist studiert hat; nach dem Studium folgt das Volontariat, eine Art zweijähriges Traineeprogramm. Der Einstieg in den Sportjournalismus hat sich jedoch immer mehr professionalisiert. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche neue Studiengänge speziell für angehende Sportjournalisten entstanden, zum Beispiel Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Sport an der Hochschule Ansbach oder Sportwissenschaft mit der Profilierung Sportpublizistik an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Auch private Hochschulen wie die Macromedia-Hochschule bieten Sportjournalismus als Studiengang an.

Die Medienforschung im Sportjournalismus bezieht sich vor allem auf sportliche Großereignisse sowie die Fußball-Berichterstattung. Sie deckt verschiedenste wissenschaftliche Fragestellungen ab und wird von verschiedenen Disziplinen wie der Kommunikationswissenschaft, Sprachwissenschaft, Soziologie oder Medienwissenschaft durchgeführt. Im Herbert von Halem Verlag beschäftigt sich eine eigene Forschungsreihe „Sportkommunikation“ mit verschiedenen Aspekten des Sportjournalismus, unter anderem mit der Digitalisierung des Sports, Medienökonomie, Sport und Werbung oder Sexualisierung des Sports in den Medien. Sprachliche Analysen sportjournalistischer Texte zeigen vor allem auf, welche Phrasen und charakteristischen Metaphern in diesem Ressort benutzt werden. So hat zum Beispiel die Duden-Redaktion und die Gesellschaft für deutsche Sprache im Jahr 2009 das Buch „Flickflack, Foul und Tsukahara. Der Sport und seine Sprache“ herausgegeben, in dem die beiden Autoren Armin Burkhardt und Peter Schlobinski auch die Entstehung und Herkunft von Vereinsnamen erklären.

Literatur:

Hackforth, Josef; Christoph Fischer (Hrsg.): ABC des Sportjournalismus. Konstanz [UVK] 1994

Holtz-Bacha, Christina (Hrsg.): Fußball – Fernsehen – Politik. Wiesbaden [VS Verlag für Sozialwissenschaften] 2006

Horky, Thomas; Thorsten Schauerte; Jürgen Schwier (Hrsg.): Sportjournalismus. Konstanz [UVK] 2009

Horky, Thomas; Hanns-Christian Kamp: Sport. Basiswissen für die Medienpraxis. Köln [Herbert von Halem Verlag] 2012

Kaiser, Markus: Sportjournalismus. In: Kaiser, Markus (Hrsg.): Special Interest. Berlin [Econ] 2012

Pardatscher, Ingemar: Sportjournalismus im Wandel der Zeit. Saarbrücken [Dr. Müller] 2009

Schaffrath, Michael (Hrsg.): Traumberuf Sportjournalismus. Berlin [Lit] 2011

Schaffrath, Michael: Sportjournalismus: Dopingberichterstattung im Abseits. In: Fachjournalist.de, 18.08.2016. http://www.fachjournalist.de/sportjournalismus-dopingberichterstattung-im-abseits/

Scherzer, Hartmut: Ich wusste Bescheid. In: Die Zeit, 31.05.2007. (http://www.zeit.de/2007/23/Ich_wusste_Bescheid)

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*1978, Prof., ist seit April 2016 Professor für Praktischen Journalismus an der Technischen Hochschule Nürnberg, Journalist, Berater und Medienvernetzer. Er ist unter anderem Autor des Buchs Recherchieren aus dem Verlag Springer VS (Wiesbaden 2015) und Herausgeber von Innovation in den Medien aus dem Verlag Dr. Gabriele Hooffacker (München 2015). Arbeitsschwerpunkte: Recherche, digitaler Journalismus und Medieninnovationen. Kontakt: markus.kaiser (at) th-nuernberg.de