
Wortherkunft: Der Begriff ‚User-generated Content‘ (UGC), im Deutschen ‚Nutzer:innengenerierter Inhalt‘, bezieht sich auf Online-Inhalte, die von Laien-Nutzer:innen erstellt und veröffentlicht werden. Der Ausdruck entstand parallel zur Verbreitung des Internets und → sozialer Medien. Sie ermöglichten es Nutzer:innen, bestehende Online-Inhalte ohne Medienwechsel interaktiv zu kommentieren (→ Leserbrief) sowie eigene Inhalte ohne professionelle Unterstützung zu veröffentlichen.
Definiton
UGC bezieht sich auf → Inhalte, die nicht von den Betreibern eines Online-Angebots selbst, sondern von nicht-organisierten, nicht-professionellen Urheber:innen (= Laien) stammen. Diese Inhalte umfassen eine breite Vielfalt von Darstellungsmöglichkeiten (Text, Audio, Bild, Video) und Formaten (Musik, Tagebuch, → Essay, Meinungsäußerungen, → Rezensionen, Bewertungen, Likes usw.) bis hin zu ‚Verhaltenspuren‘ (z. B. Seitenaufrufe, Weiterleitungen, Votings), die Nutzer:innen beabsichtigt oder unbeabsichtigt hinterlassen. Veröffentlicht wird UGC von den Betreibern eines Online-Angebots entweder unverändert oder verändert (gekürzt, korrigiert, kommentiert oder anderweitig kuratiert) – aber auch in aggregierter Form, z. B. als Like-Zahl, Nutzer:innenbewertung oder Voting-Ergebnis (nach Naab 2025; OECD 2007; Schweiger/Quiring 2007).
Häufig ist die Abgrenzung von professionellem und nutzer:innengeneriertem Content schwierig – für Rezipierende und Forschende gleichermaßen. Das gilt besonders für → Influencer:innen, deren Status als professionelle Kommunikatoren oft unklar ist, und → KI-generierte Inhalte. Ohnehin sind auf Social-Media-Plattformen die → Urheber:innen von Inhalten häufig unbekannt oder anonym.
UGC lässt sich „drei Typen produzierender Kommunikationshandlungen durch Laien in Social Media“ zuordnen und entsprechend kategorisieren (Schweiger 2025: 9):
- ‚Empfehlen und Verbreiten‘ umfasst alle Aktionen, bei denen Nutzende einen Inhalt für andere sichtbar – positiv oder negativ – bewerten oder weiterleiten. Beispiele sind Likes, Retweets oder die Nutzung von Bewertungssystemen.
- Unter ‚Kommentieren und Diskutieren‘ fallen alle Kommentare zu bestehenden Inhalten und alle Beteiligungen an Diskussionen (sog. Anschlusskommunikation).
- Unter ‚Publizieren‘ ist das Produzieren und Veröffentlichen eigener Inhalte zu verstehen. Beispiele sind Social-Media-Beiträge, Wikipedia-Einträge oder Blogposts.
Geschichte
Der Begriff ‚User-generated Content‘ wurde in den 2000er-Jahren populär. Er findet großteils in Marketing- und Medienkontexten Verwendung und ist bis heute gebräuchlich. Andere populäre Begriffe waren ‚Prosumer‘ (Producer + Consumer; dt. Prosument) und ‚Produsage‘. Im deutschsprachigen Raum war zudem – meist in medienpädagogischen und journalistischen Zusammenhängen – vom ‚Mitmachnetz‘ die Rede.
Alle Begriffe heben die Bedeutung der aktiven und produktiven → Rezipient:innen bzw. Konsument:innen im Internet hervor – Rollen, die vormals meist als passiv und rezeptiv beschrieben worden waren. Ebenfalls populär waren die Begriffe ‚Wisdom of the masses‘ und ‚Crowdsourcing‘, die die gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz einer massenhaften Beteiligung von Nutzer:innen betonen. Vergleichbare Begriffe in politischen und soziokulturellen Kontexten sind Partizipation, Participatory Culture, Citizen Journalism, Grassroot Journalism, → Partizipativer Journalismus oder Citizen Science.
Vorgänger-Technologien wie Bulletin Board Systems und Newsgroups (Usenet) existieren seit den 1990er-Jahren, waren aber weit weniger verbreitet und hatten nicht dieselbe Popularität. Bis heute erhalten hat sich der Begriff ‚Blog‘ (ursprünglich Weblog) für tagebuchartige Websites, die als vereinfachte Content-Management-Systeme auch von technischen Laien betrieben werden können.
Gegenwärtiger Zustand und Forschungsstand
UGC wurde und wird in der kommunikationswissenschaftlichen Online-Forschung intensiv untersucht. Als wichtigste Kontexte gelten neben dem Journalismus politische Diskurse, Demokratie und Gesellschaft sowie die strategische Kommunikation (z. B. UGA als Electronic Word-of-Mouth in Marketing und Public Relations). Dieser Beitrag fokussiert sich jedoch auf den Journalismus (empirische Befunde soweit nicht anders angegeben nach Naab 2025; Schweiger 2025):
Ein Forschungsstrang befasst sich mit partizipativem Journalismus, also journalistischen Inhalten, die von Laien recherchiert und produziert werden (vgl. Neuberger/Quandt 2025). Dies geschieht entweder mit Unterstützung von (bzw. weiterer Verbreitung durch) professionelle Medienmacher (vgl. Gatewatching im Zusammenhang mit dem → Kuratieren im Journalismus und → Gatekeeping oder als selbstständige Influencer:innen, Blogger:innen oder → Podcaster:innen, die sich meist auf ein Themengebiet fokussieren. Mittlerweile gelten Influencer:innen überwiegend als Instrument der strategischen Kommunikation.
Erhebliches Forschungsinteresse haben Nutzer:innenkommentare zu journalistischen Inhalten auf journalistischen Websites und sozialen Medien auf sich gezogen. Studien untersuchen, wie viele und welche Nutzer:innen sich mit Kommentaren beteiligen und welche Gründe sie dazu veranlassen. Welche Beitragsthemen, -inhalte (→ Nachrichten vs. → Kommentare, → Nachrichtenfaktoren bzw. ‚Diskussionsfaktoren‘) und Urheber:innen (Frauen, Migrationsgeschichte usw.) werden am häufigsten kommentiert? In welchen Medien und auf welchen Plattformen geschieht das am häufigsten? Diese Fragen sind auch aus demokratietheoretischer Perspektive relevant, da das Internet als Plattform machtfreier öffentlicher Diskurse zwischen allen Interessen gilt und deshalb möglichst alle relevanten Stimmen zu allen Themen zu Wort kommen sollten (Wessler et al. 2025).
Entsprechend wird die ‚Diskurs-Qualität‘ von Nutzer:innenkommentaren hinsichtlich Argumentation, Quellentransparenz, Themenbezug, Wahrheitsgehalt, Reziprozität (wechselseitige Bezugnahme) im Allgemeinen und in unterschiedlichen Kontexten beforscht. Die meiste Beachtung richtet sich auf die sog. Incivility, also → Hass und → Shitstorms, Beschimpfungen, Bedrohungen, unangemessene Sprache in Nutzer:innenkommentaren.
Da Diskussionen häufig unter Gleichgesinnten stattfinden und die Qualität vieler Nutzer:innenkommentare zu wünschen übriglässt, werden verschiedenste Formen der ‚Regulierung und Moderation‘ durch Website- und Plattformanbieter untersucht – teils mit Experimentaldesigns. Studien zum ‚Community Management‘ suchen nach Wegen, problematische Kommentare zu verhindern oder zu reduzieren und die Urheber:innen konstruktiver Kommentare zu fördern.
Auch Wirkungen von Nutzer:innenkommentaren stoßen auf Forschungsinteresse. Vereinzelte Studien thematisieren ‚Wirkungen auf Journalist:innen‘. Diese berichten in Interviewstudien, dass sie ergänzende Informationen aus Kommentaren schätzen und auf Ideen für weitere Beiträge kommen. Allerdings problematisieren sie auch negative Auswirkungen von hasserfüllten Kommentaren, die sich gezielt gegen → Journalist:innen richten – im deutschsprachigen Raum v. a. bei kontroversen Themen wie Flucht oder Covid-19 (Schmidt et al. 2022).
Andere Studien befassen sich mit ‚Ausstrahlungseffekten auf Rezipierende‘ und deren Wahrnehmung der kommentierten Nachrichtenbeiträge und Medienmarken. Besonders Experimentalstudien belegen, dass Nutzer:innenkommentare die Glaubwürdigkeit und wahrgenommene Qualität ansonsten identischer journalistischer Beiträge deutlich verzerren können. Da Nutzer:innenkommentare (vermeintlich) ein bestimmtes Stimmungsbild in der Bevölkerung repräsentieren, haben Studien auch ihren Einfluss auf die Meinungsklimawahrnehmung von Rezipierenden sowie deren Meinungsbildung untersucht und nachweisen können.
Eine weitere Wirkung bezieht sich auf das ‚News Sharing‘: Während sich Nachrichtenmedien früher auf ein treues Publikum (Abonnement, Leser:innen-Blatt-Bindung) und entsprechende Reichweiten verlassen konnten, sind sie online auf die Weiterleitung oder -empfehlung von Beiträgen über Social Media, Messenger oder Mail durch Nutzende angewiesen. Eine problematische Variante des News Sharing ist die virale Verbreitung von → Fake News auf Social-Media-Plattformen (Spread of Misinformation). Das tun vor allem politisch engagierte Personen und sie verbreiten vorzugsweise emotionalisierende Inhalte – ein Mechanismus, der besonders rechtpopulistischen Akteuren nutzt.
Literatur
Naab, Teresa K.: Nutzer:innenkommentare und Online-Diskussionen. In: Schweiger, Wolfgang; Klaus Beck; Veronika Karnowski (Hrsg.): Handbuch Online-Kommunikation. Wiesbaden [Springer VS] 2025, S. 1-19. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18017-1_28-1
Neuberger, Christoph; Thorsten Quandt: Digitaler Journalismus. In: Schweiger, Wolfgang; Klaus Beck; Veronika Karnowski (Hrsg.): Handbuch Online-Kommunikation. Wiesbaden [Springer VS] 2025, S.1-21. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18017-1_4-2
OECD: Participative Web and User-Created Content: Web 2.0, Wikis and Social Networking. 2007. https://doi.org/10.1787/9789264037472-en
Schmidt, Burkhard; Rainer Nübel; Simon Mack; Daniel Rölle: Arbeitsdruck – Anpassung – Ausstieg. Wie Journalist:innen die Transformation der Medien erleben. OBS-Arbeitspapier 55. Frankfurt am Main [Otto-Brenner-Stiftung] 2022. https://www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/02_Wissenschaftsportal/03_Publikationen/AP55_Medienmacher_innen.pdf
Schweiger, Wolfgang: Online-Informationen: Nutzung und Produktion. In: Schweiger, Wolfgang; Klaus Beck; Veronika Karnowski (Hrsg.): Handbuch Online-Kommunikation. Wiesbaden [Springer VS] 2025, S.1-26. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18017-1_40-2
Schweiger, Wolfgang; Oliver Quiring: User-Generated Content auf massenmedialen Websites – eine Spielart der Interaktivität oder etwas völlig anderes. In: Friedrichsen, Mike; Wolfgang Mühl-Benninghaus; Wolfgang Schweiger (Hrsg.): Neue Technik, neue Medien, neue Gesellschaft? Ökonomische Herausforderungen der Onlinekommunikation. München [Reinhard Fischer] 2007, S. 97-120.
Wessler, Hartmut; Katharina Esau; Shota Gelovani: Online-Öffentlichkeit(en). In: Schweiger, Wolfgang; Klaus Beck; Veronika Karnowski (Hrsg.): Handbuch Online-Kommunikation. Wiesbaden [Springer VS] 2025, S.1-22. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18017-1_24-1